Es gibt mehrere Arten von Positionswechseln:
- auf der gleichen Hierarchieebene eine neue fachliche Aufgabe wahrnehmen,
- ein Aufstieg entlang der Hierarchieebene (im bisherigen Funktionsbereich als Chef der bisherigen Kolleginnen und Kollegen oder in einen neuen Funktionsbereich hinein),
- der Wechsel in Projekte oder
- der Wechsel von einer Führungsposition in eine Fachposition ohne Führungsverantwortung.
Immer geht ein Wechsel mit neuen Aufgaben, die neue Fachkenntnisse erfordern, mit neuen Entscheidungskompetenzen und neuen Verantwortlichkeiten einher.
Bei einer Beförderung in eine Führungsposition verändert sich immer der Aufgabenschwerpunkt weg von Fachaufgaben hin zu Führungsaufgaben. Zu Letzteren gehört, Strategien zu entwickeln und umzusetzen, Veränderungsprozesse zu initiieren und zu gestalten sowie Mitarbeiter einzusetzen und zu entwickeln. Das bedeutet auch, dass Experten – auch die besten – in einer Führungsposition neue Fähigkeiten benötigen, um nicht zu scheitern.
Herausforderungen
Je nach Hierarchieebene sind somit bei einer Beförderung unterschiedliche Herausforderungen zu meistern:
- In der ersten Führungsposition tritt zum ersten Mal neben die bisherige fachliche Eigenverantwortung als Mitarbeiter die Verantwortung als Führungskraft für Mitarbeiter und für deren Arbeitsergebnisse. Die Führungskraft ist nicht mehr Mitglied eines Teams, sondern muss Entscheidungen treffen, die nicht immer alle Teammitglieder zufriedenstellen werden. Dieser Herausforderung und den eventuell daraus entstehenden Konflikten muss sie sich stellen. Zudem muss sie damit umgehen können, dass sie ein Team anleitet und damit die frühere „Nestwärme“ von Kollegeninnen und Kollegen verliert. Und sie sollte ein eigenes Verständnis von „Führung“ entwickeln.
- Eine Führungsposition auf einem höheren Niveau bringt in der Regel mehr Verantwortung in Bezug auf Budgets und Anzahl an Mitarbeitern mit sich, aber auch Verantwortlichkeiten für neue Aufgabengebiete, die die eigene Expertise überschreiten. So kann eine Führungskraft beispielsweise nicht mehr ausschließlich für das Controlling verantwortlich sein, sondern sie ist es für das Controlling plus Finanzen. „Fachfremdes“ zu führen bedeutet, nicht mehr auf der eigenen fachlichen Expertise aufbauen zu können, sondern Mitarbeiter zu führen, die das Expertenwissen haben. Die Führungskraft hat dabei weniger Fachkenntnis als die Experten.
- Führung in einer Seniorposition bringt weitere Herausforderungen mit sich. Zum einen müssen erfahrene Führungskräfte geführt werden, die selbst gestalten und Freiraum haben möchten. Hier muss die Führungskraft austarieren, welche Freiräume sie den anderen erfahrenen Führungskräften geben möchte und wie eng sie diese führen kann, ohne sie zu demotivieren. Darüber hinaus steigt die Komplexität des Führungshandelns, und es müssen Entscheidungen mit großer Tragweite und höheren Risiken getroffen werden, auch wenn die Informationslage unklar ist. Zudem wird das Stakeholdermanagement komplexer, da es viele unternehmensexterne Stakeholder gibt, die unterschiedliche Ansprüche haben. Auch muss die Führungskraft dieses Levels das Unternehmen repräsentieren.
Karriereübergänge angemessen gestalten
Karriereübergänge sind also je nach Hierarchieebene des Positionsinhabers anders zu gestalten. Wegen der unterschiedlichen Herausforderungen kann es bei Beförderungen dazu kommen, dass gerade diejenigen Verhaltensweisen, die bisher zum persönlichen Erfolg geführt haben, in der neuen Führungsposition nicht mehr erfolgreich sind oder sich sogar als kontraproduktiv erweisen.
Da aber viele unserer Denk- und Handlungsweisen unbewusst und automatisiert ablaufen, nehmen wir die Notwendigkeit zur Veränderung selbst nur schwer wahr. Noch schwerer ist es, das eigene Verhalten zu verändern. Alte, bis dato erfolgreiche Verhaltensweisen loszulassen ist in der Regel schwieriger, als sich neue fachliche Kenntnisse etwa zu Produkten, Software oder Technik anzueignen.
Die obigen Gedanken sollen Ihnen eine erste Orientierung geben, welche Herausforderungen auf Sie bei einer Beförderung zukommen können. Die Darstellung ist vereinfacht,
- da nur die Führungslaufbahn betrachtet wird, nicht aber Fach- oder Projektlaufbahnen,
- da neue Rollen im agilen Arbeiten (wie Product-Owner) in Verbindung mit Führungskräften außen vor bleiben,
- da Führung bei Matrixorganisationen komplexer ist und
- da das Führen von Kollegen und Kolleginnen ohne disziplinarische Weisungsrechte (laterales Führen) nicht betrachtet wird.
Maßnahmen
Vor einem Karriereübergang sollten die jeweiligen Personen die anstehenden Herausforderungen bedenken – wer mag, kann sich auch coachen lassen. Folgende Fragen sollten Sie sich dabei stellen und beantworten:
- Was genau wird sich in der neuen Führungsposition ändern?
- Welche neuen Anforderungen werden an mich gestellt werden?
- Welche Stakeholder (Vorgesetzte, Kollegen, Mitarbeiter, Betriebsräte, firmeninterne wie -externe Kunden) haben welche Erwartungen an mich in der neuen Position? Wo könnten Konflikte zwischen diesen Erwartungen auftreten?
- Welche „Erblasten“ übernehme ich von meinem Vorgänger (ungelöste personelle Probleme, eingeschliffene Verhaltensweisen, Aufbau- oder Ablauforganisation)?
- Wie passe ich mit meinen Verhaltensweisen und meinem Führungsverhalten in diese neue Position? Womit werde ich mich leicht- und womit schwertun? Welche Selbstverständlichkeiten (eigenen Habitus) muss ich ändern?
Prof. Dr. Rupert E. Bardens und Prof. Dr. Achim Weiand, Hochschule für angewandte Wissenschaften, Neu-Ulm