Frau Keimer, im Mai 2021 haben Sie 1.775 Menschen zur Zukunft der Arbeit befragt: 538 Millennials, 1.237 Personen der Generation Z. Was unterscheidet sie?
Verena Keimer: Millennials sind pragmatischer als die Generation Z. Ihnen ist ein gutes Gehalt am wichtigsten, auf Platz 3 liegt die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Millennials stellen weniger ideelle Anforderungen an ihre Arbeitgebenden als die Generation Z und legen mehr Wert auf allgemeine Arbeitsstrukturen wie flache Hierarchien.
Gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern?
Verena Keimer: Beiden ist die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben am wichtigsten. Frauen legen darauf aber mehr Wert als Männer. Sie bewerten auch Diversität, soziales Engagement, Kommunikation und Ehrlichkeit höher, während Männer Gehalt, Weiterbildungsmöglichkeiten und Digitalität relevanter finden. Aber über die grundsätzlichen Anforderungen sind sich alle in der Generation Z einig.
Welche Anforderungen sind das?
Verena Keimer: An oberster Stelle bei der Generation Z steht die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, gefolgt von Flexibilität. Das bedeutet aber nicht, dass sie weniger arbeiten möchte: 70 Prozent sind bereit, an freien Tagen oder im Urlaub erreichbar zu sein. Sie möchten sich jedoch ihre Zeit selbst einteilen: zwischendurch eine Stunde Yoga machen oder die Sonne genießen und später weiterarbeiten, das ist 83 Prozent der Generation Z wichtig – Work-Life-Blending ist das Stichwort.
Zeigt sich diese Verschmelzung von Arbeit und Privatem nur bei den Arbeitszeiten?
Verena Keimer: Nein, sie geht weit über das Strukturelle hinaus und überträgt sich auf das Ideelle: Die persönliche Identifikation mit dem Unternehmen liegt mit fast 55 Prozent an dritter Stelle der wichtigsten Faktoren. Die jüngeren Generationen folgen nicht nur dem Trend zu mehr gesellschaftlicher Verantwortung, sie wollen ihn mitbestimmen, auch am Arbeitsplatz. Bei den Präferenzen für die Wahl der Arbeitgebenden liegen Ehrlichkeit und offene Kommunikation im Ranking vor dem Gehalt. Präferenzen wie Arbeitsplatzsicherheit oder Fortschrittlichkeit verlieren zugunsten von Haltung und Werten an Bedeutung.
Das klingt progressiv, aber nicht unbedingt revolutionär.
Verena Keimer: Die Revolution bleibt erstmal aus. Endgültig überholt scheinen nur arbeitsfremde Benefits zu sein. Mit Obstkörben oder Firmenpartys ist kaum noch jemand zu gewinnen. Zwar treffen sich 70 Prozent der Befragten gern mit Kollegen und Kolleginnen, aber in ihrer Freizeit. 78 Prozent wollen Beruf und Privates trennen. Work-Life-Blending bedeutet, Arbeit und Freizeit flexibel zu gestalten, nicht zu vermischen. Wer punkten will, sollte flexible Strukturen oder arbeitsrelevantes Equipment für das Home-Office anbieten.
Welchen Unternehmen trauen die jungen Generationen zu, ihren Erwartungen zu entsprechen?
Verena Keimer: Mittelständische Unternehmen liegen durch ihren Mix aus Sicherheit und familiärem Umfeld mit über 31 Prozent als Wunscharbeitgebende klar vorn. Danach folgen Start-ups. Großkonzerne bilden das Schlusslicht. Fast ein Viertel der Generation Z zieht es in die Selbständigkeit. Anhand dieser Präferenzen für Arbeitgebende lässt sich ablesen, welche Eigenschaften Unternehmen von anderen übernehmen könnten. Grundsätzlich ist auf dem richtigen Weg, wer Selbstbestimmung mit Gemeinschaftsgefühl verbinden kann.
Was können Unternehmen umsetzen, um für die Generation Z attraktiv zu sein?
Verena Keimer: Das Ranking der Arbeitsplatzpräferenzen in unserer Studie ist weniger ein klassisches Unternehmensprofil, sondern eher eine Charakterbeschreibung. Unternehmen könnten sich also fragen: Wie wäre ich als Mensch? Diese Haltung wird dann auf die Arbeit übertragen und muss dort gelebt werden: Die Generation Z ist auch die Generation der Fake News, sie lässt sich von Worten nicht mehr blenden.
Im Arbeitsalltag sollte die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben die größte Rolle spielen. Den Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten hegen fast 80 Prozent der Generation Z, aber nur 50 Prozent trauen sich die Selbstorganisation zu. Wer Mentoring durch erfahrene Leader anbietet, kann motivierte Mitarbeitende gewinnen und entwickeln.
Spielt Digitalisierung keine Rolle?
Verena Keimer: Nicht einmal ein Viertel der Befragten unter den Digital Natives gibt Digitalität als wichtigen Faktor an. Trotzdem ist sie unverzichtbar. Ohne sie können Unternehmen den Anforderungen an Flexibilität und Work-Life-Blending nicht mehr gerecht werden. Für die jüngeren Generationen ist das längst selbstverständlich.
Das Gespräch führte Tanja Jäger mit Verena Keimer, beide Zenjob.