Digitalkompetenzen sind heutzutage unerlässlich – sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext. 90 Prozent aller Berufe kommen bis zum Jahr 2030 nicht mehr ohne sie aus (Digital Economy & Security Index der OECD 2018).
Doch laut einer Untersuchung der Europäischen Kommission fehlen fast der Hälfte der Arbeitnehmer in der EU (42 Prozent) die notwendigen digitalen Fähigkeiten, um am Arbeitsmarkt zu bestehen. Aus derselben Untersuchung geht hervor, dass die meisten EU-Unternehmen ihre Mitarbeitenden zwar für verpflichtende Cyber-Security-Maßnahmen sensibilisieren, aber nur 24,2 Prozent der Unternehmen verpflichtende Schulungen zu diesem Thema planen. Zudem sind 92 Prozent von über 200 Digitalisierungs-, Technologie- und KIExperten aus Deutschland laut einer Befragung der TU München überzeugt, dass die Coronakrise die digitale Transformation in Unternehmen beschleunigen wird.
Pandemie fordert Unternehmen bei Digitalisierung heraus
Fast jedes Unternehmen macht sich derzeit Gedanken um die Digitalisierung und die eigene digitale Transformation. Immer mehr Prozesse lassen sich digital optimieren und automatisieren. Kunden fordern digitale Services, Produkte und Kanäle. Die Zielgruppen sind online, die Mitarbeitenden auch. Die Pandemie, das vermehrte Arbeiten remote und die virtuelle Realität als Ersatz für Begegnungen, Services und Käufe im echten Leben haben diesen Prozess beschleunigt. Kaum ein Arbeitstag kommt ohne digitale Kommunikation, die Erstellung digitaler Inhalte oder die Entwicklung digitaler Lösungen aus.
Unternehmen, Behörden und andere Organisationen müssen sich fragen, ob sie dem schnellen Wandel gewachsen sind: Sind die eigenen Mitarbeitenden digital kompetent? Können sie mithalten bei der Digitalisierung oder diese sogar aktiv mitgestalten?
Digital kompetent – was heißt das?
Früher waren wir offline. Das hat funktioniert – aber natürlich nur, weil alle offline waren. Klar ist: Je mehr Technologien am Markt sind, mit denen Unternehmen schneller, effizienter und profitabler werden können, desto mehr sind wachsame Organisationen darum bemüht, solche Technologien nicht nur zu meistern, sondern die Richtung auch selbst mitzubestimmen. Das passiert vielerorts beiläufig und ist auch immer mehr fester Bestandteil von Unternehmensstrategien.
Dabei geht es je nach Unternehmen um verschiedene Aspekte. Dass Kollegen per E-Mail kommunizieren, ist überall zum Standard geworden. Dass sie Inhalte, die sie für ihre Arbeit benötigen, beispielsweise googeln, auch.
Doch schon dabei ergeben sich vielerorts Fragen: Wie machen sie das eigentlich, und machen sie es so, wie es sinnvoll und effektiv ist? Ist es für alle Mitarbeitenden darüber hinaus eine Selbstverständlichkeit, Kanäle wie Teams, MeisterTask, Trello oder Planner zu nutzen und ihren Kalender digital zu pflegen, ihren Bildschirm mit anderen zu teilen, zu zoomen, ein Scrumboard anzulegen und Teil eines agilen Teams zu sein? Vergeben alle Mitarbeitenden ein sicheres Passwort? Würden sie eine Phishing-Mail erkennen und so einen Cyberangriff vermeiden? Oder auch: Wie steht es um Blockchainexperten in der eigenen Mannschaft oder auch Kenner digitaler Marketing- und Vertriebsplattformen wie Salesforce und HubSpot?
Viele Unternehmen wünschen sich in diesem Bereich Unterstützung. Sie möchten sich ein Bild machen, wie es um die digitale Kompetenz der Mitarbeitenden steht und welche Möglichkeiten es gibt, deren Fähigkeiten und Kompetenzen bei Bedarf weiter auszubauen. Hier können spielerische Ansätze helfen.
Spielerisch die Digitalkompetenz ermitteln
Aber wie kann ich mir beispielsweise als Personalleiter ein Bild von der digitalen Kompetenz der Mitarbeiterschaft machen? Vereinzelt mag die Unternehmensführung oder Personalabteilung hier und da einen individuellen Eindruck über die digitalen Fähigkeiten von Kollegen gewinnen können. Aber valide, messbare Daten zur digitalen Kompetenz liegen kaum einem Unternehmen vor.
Hier kann ein Serious Game helfen: Indem User und Userinnen an ihrem Arbeitsplatz in die Rolle eines Avatars schlüpfen und mit anderen Charakteren interagieren, können sie ihr digitales Können unter Beweis stellen und es messen lassen.
„DigComp 2.1“, das führende, von der Europäischen Kommission entwickelte Framework für digitale Kompetenzen, lässt sich hierzu als Basis nutzen. So sollten Unternehmen allen fünf Kernbereichen digitaler Kompetenz – Informations- und Datenkompetenz, Kommunikation und Kollaboration, Erstellung digitaler Inhalte, Schutz und Sicherheit sowie digitaler Problemlösungskompetenz – bei der Überprüfung digitaler Skills Beachtung schenken und auch eigene, individuelle Problemstellungen berücksichtigen, wenn sie beispielsweise ein bestimmtes digitales Tool im Unternehmen vermehrt nutzen möchten, ein gesamtes Geschäftsmodell umstellen oder ein neues digitales Business aufbauen wollen.
Spielen als beste Voraussetzung für nachhaltiges Lernen
Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Lernpsychologie und aus der Neurobiologie belegen: Spielen ist die beste Voraussetzung für nachhaltiges Lernen. Was für Kinder selbstverständlich ist, birgt auch in der betrieblichen Weiterbildung Vorteile. Denn wer anonyme Daten der eigenen Mitarbeitenden beim Spielen eines Serious Games erhebt, kann daraus Erkenntnisse für das Unternehmen ziehen und auf dieser Basis individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten ermitteln und umsetzen.
Ziel sollte es dabei sein, mit digital kompetenten Mitarbeitenden verbesserte Arbeitsabläufe, bessere Kundenbeziehungen und neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen, um dem digitalen Wandel nicht nur standhalten, sondern ihn auch mitgestalten zu können.
Digitalkompetenz ermittelt – und jetzt?
Auf Grundlage der erhobenen Kompetenzmessergebnisse, die bestenfalls übersichtlich in einer Art Cockpit dargestellt werden, können Unternehmen strategische Analysen erstellen, um die Stärken und Schwächen des digitalen Status quo im eigenen Haus zu erkennen und daraus weitere Maßnahmen abzuleiten.
So dienen diese Analysen als Grundlage für konkrete Digitalisierungsprojekte und Weiterbildungsmaßnahmen, die dann mit externer Unterstützung – gegebenenfalls auch mit bestehenden Partnern des betreffenden Unternehmens – umgesetzt werden können. So lassen sich immer wieder neue Stellschrauben drehen, die digitale Kompetenz der Mitarbeitenden wird stetig gefestigt und ausgebaut.
Roman R. Rüdiger, CEO, talent::digital