Was ist ein Karrierepfad?
Ein Karrierepfad – nicht zu verwechseln mit dem Karriereweg jedes Einzelnen – ist eine Verknüpfung von Jobs, Erfahrungen, Führungskompetenzen und fachspezifischen Fähigkeiten und Erfahrungen, kurz Kompetenzen und Fähigkeiten (Competencies & Capabilities – C&C). Vom Karrierepfad ausgehend, kann sich jede Person ihren eigenen Karriereweg suchen, und das anhand der persönlichen Karriereziele.
Unternehmen, die Karrierepfade definiert haben, geben ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern damit ein Werteversprechen. Sie legen mögliche Karrieren in ihrem Unternehmen transparent dar und öffnen die Karrieremöglichkeiten allen Mitarbeitern. Somit kommen definierte Karrierepfade allen Mitarbeitern zugute.
Einstieg in einen Karrierepfad
Ein Karrierepfad besteht zunächst einmal aus einer Gruppe von Jobs, bei denen die erforderlichen C&C aufeinander aufbauen. Ein solches Cluster verwandter Jobs – eine Jobfamilie – ermöglicht es Talenten, sich über verschiedene Jobs zu entwickeln und dadurch ihre Kompetenzen und Fähigkeiten zu erweitern.
Jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, ab welchem Level das Einstiegsniveau in die jeweilige Jobfamilie beginnt. Oft wird durch die Verfügbarkeit definiert, welche Ebene die Einstiegsebene ist. Zum Beispiel gibt es aufgrund der hohen Ausbildungskosten in den USA, verglichen mit Europa, dort immer weniger Masterabschlüsse, so dass das Einstiegsniveau eher auf Bachelorebene ist.
Jobmerkmale pro Level
Sind die Jobfamilien und Einstiegsniveaus festgelegt, sollten Unternehmen im nächsten Schritt die Jobfamilien mit Jobebenen kombinieren. Jede Ebene beinhaltet eine Kombination von zwei Stufen des Hay-Stellenbewertungssystems. Eine Kombination ist durch die gleiche Jobeigenschaft möglich. Nur die Niveaus der C&C unterscheiden sich. So machen zum Beispiel ein Recruiter und ein Seniorrecruiter den gleichen Job mit unterschiedlicher Fachkompetenz. Nachfolgend werden die Ebenen von Standardjobs beispielhaft definiert:
- Analysten (Berufseinsteiger): Hay 13 (Bachelor) und Hay 14 (Master)
- Spezialisten mit wenig oder keinen Führungsaufgaben: Hay 15 bis 16
- Profis und First-Level-Leader (mit Führungsaufgaben betraute Spezialisten): Hay 17 bis 18
- Management und Führung von Führungskräften: Hay 19 bis 21
In Unternehmenskarrieren gibt es oftmals einen Knick in der Karriereleiter, wobei nur eine Steigerung der Kompetenzen und Fähigkeiten ausreichen würde, um in die nächste Stufe einer Karriere zu gelangen. Ab bestimmten definierten Führungsebenen hängt die Beförderung dann von mehr als nur fachtechnischen Qualitäten und Führungsqualitäten ab. Vielmehr sind hier Zusatzerfahrungen und -qualifikationen zunehmend wichtig. Welche dies sind, hängt von der Art des Unternehmens ab, aber auch von seiner Kultur und seinem Leitbild.
Zusatzqualifikationen und Knock-out-Kriterien
Zu den angezeigten Zusatzqualifikationen können auch sogenannte Knock-out–Kriterien (K.-o.-Kriterien) definiert werden. Diese sind unbedingte Voraussetzungen für eine Beförderung, während es bei persönlichen Zusatzqualifikationen Spielräume gibt, falls Erfahrungen fehlen. Ein Beispiel für ein K.-o.-Kriterium kann fehlendes Businessenglisch sein. Es macht daher Sinn, K-.o.-Kriterien für die Beförderung ab bestimmten Ebenen im Unternehmen zu definieren.
Die Auswahl über persönliche Zusatzqualifikationen ist unternehmensspezifisch. Zusatzqualifikationen können internationale Erfahrungen sein, aber auch funktionsübergreifende Erfahrungen oder Expertise in anderen Produktlinien. Unternehmen können auch Erfahrungspunkte vergeben, so dass eine Beförderung in eine Ebene eine bestimmte Punktzahl voraussetzt.
Karrierepfade planen
Wenn der Karrierepfad sowie die tatsächliche C&C-Ebene eines Mitarbeiters im Unternehmen erfasst wurden, kann der Mitarbeiter das Personalinformationssystem durchsuchen, um weitere Karrieremöglichkeiten zu prüfen. Das erfolgt immer über einen Vergleich der eigenen Leistungen mit den beschriebenen Anforderungen für einen Job. Ergibt der Vergleich, dass der Mitarbeiter Lücken bezüglich der Anforderungen hat, kann er diese mit Hilfe eines eigenen Entwicklungsplans schließen.
Diese Transparenz ist wichtig. Eine Person kann ein Talent in einem Unternehmen sein, aber nicht in einem anderen Unternehmen, da sie bestimmte Kriterien – beispielsweise internationale Mobilität – nicht erfüllen kann oder möchte. Wenn ein Mitarbeiter nicht an der Art von Herausforderungen interessiert ist, die ein Unternehmen erwartet, ist er kein Talent für dieses Unternehmen, aber möglicherweise für ein anderes. Schließlich bedeutet Talent sein nicht, dass man über universelle Kompetenzen verfügt, sondern dass diese Kompetenzen für ein bestimmtes Unternehmen spezifisch und wichtig sind.
Ein weiteres Kriterium sind die positiven Erfahrungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese machen, wenn ein Unternehmen bei seinen Karrierepfaden transparent und offen ist.
Der Weg zum transparenten Karrierepfad
Anhand eines 10-Punkte-Plans können Unternehmen transparente Karrierepfade erstellen:
- Prüfen Sie, ob Sie in Ihrem Unternehmen sowohl Führungs- als auch Fachkarrieren ermöglichen.
- Legen Sie Zusatzqualifikationen und Knock-out-Kriterien für leitende Positionen fest.
- Definieren Sie, wie fehlende Kompetenzen ausgeglichen werden können.Definieren Sie Führungskompetenzen, so dass jeder sie nachvollziehen kann.
- Holen Sie sich Unterstützung für C&C, zum Beispiel von professionellen Akkreditierungsstellen.
- Definieren Sie Jobfamilien, basierend auf den Kriterien Ihres Unternehmens, seiner globalen Präsenz und der Verfügbarkeit spezifischer Einstiegsschulungen in der Region.
- Definieren Sie innerhalb der Jobfamilie Benchmarks. Jede Jobfamilie sollte – in einer perfekten Welt – einen Benchmarkjob pro Level haben.
- Definieren Sie die benötigten C&C-Level pro Job und Level. Stellen Sie sicher, dass diese innerhalb der Jobfamilie aufeinander aufbauen.
- Automatisieren Sie das System nach der Umsetzung.
- Schulen Sie Linienleiter und Mitarbeiter im Umgang mit und der Bewertung von C&C-Leveln. Stellen Sie sicher, dass regelmäßig Entwicklungsdiskussionen stattfinden.
- Implementieren Sie schließlich Schritt für Schritt Karrierepfade, damit sich Mitarbeiter und Führungskräfte an die Methode sowie deren Möglichkeiten und Verpflichtungen gewöhnen können.
Dr. Mark van Dongen,
Group Head of HR, RKW Group