Grit Behrens ist nicht allein. Sie teilt sich ihre Geschäftsführerposition mit einer Kollegin – und das schon seit vielen Jahren. Ihr Resümee: eine Win-win-Situation für sie und ihren Arbeitgeber.
Behrens arbeitet seit mehr als 20 Jahren bei der Agentur für Arbeit in Hamburg. Anfangs war sie Vollzeit in Führungspositionen tätig. Dann bekam sie Kinder. Nach kurzer Elternzeit wollte die studierte Juristin in ihren Job zurückkehren, allerdings in Teilzeit, denn: „Als ich Kinder bekommen habe, haben sich die Prioritäten verschoben“, sagt Behrens.
Die norddeutsche Agentur bot damals, im Jahr 2012, bereits Jobsharing an. Behrens und ihre Tandempartnerin waren jedoch die ersten auf Geschäftsführungsebene, die dieses Angebot wahrnahmen. „Arbeitgeber können sich nicht erlauben, Potential in Führungspositionen liegenzulassen“, ist die Geschäftsführerin des Bereichs Auszahlung von Geldleistungen überzeugt. Dadurch, dass die Arbeitsagentur Jobsharing anbot, profitierte nicht nur sie als Arbeitnehmerin, sondern auch ihr Arbeitgeber. Zu ihm kehrte eine erfahrene Kraft früh aus der Elternzeit zurück. „Die Agentur erhält sich Leute in der Führungsebene, die sich schon durch gute Arbeit bewiesen haben und motiviert sind.“
Jobsharingmodelle dürften, so Behrens, für viele Organisationen interessant sein. Sie ermöglichen Talenten, Familie und Beruf zu vereinbaren. Sie wirken aber auch dem Fach- und Führungskräftemangel entgegen. „Wenn Frauen mehr zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen sollen, müssen Unternehmen auch etwas bieten“, meint Behrens.
Sie kann sich Jobsharing nicht nur auf allen Führungsebenen – Teamleiter-, Bereichsleiter- und Geschäftsführerebene – vorstellen, sondern auch auf allen Positionen in allen Unternehmen. „Die wesentliche Voraussetzung ist, dass man Menschen findet, die zur ähnlichen Zeit ein ähnliches Thema haben“, sagt sie.
Enger Austausch als Erfolgsgeheimnis
Haben sich zwei Führungskräfte für eine Position gefunden, sei es wichtig, dass diese sich eng austauschten, am besten schon vor Arbeitsantritt. „Es ist wichtig, dass die Personen, die sich eine Position teilen, viel miteinander kommunizieren und dafür auch Zeit erhalten.“ Gerade am Anfang sei es wichtig, dass sich beide gut kennenlernten, ihre Persönlichkeiten, ihren Führungsstil, aber auch ihre Ziele und Wünsche. Dann könnten sie abgleichen, ob sie zusammenpassen. „Grundsätzlich ist jeder dafür geeignet, aber jeder muss auch bereit sein, Kompromisse zu schließen.“
Auch dürften sich die Partner niemals auseinanderdividieren lassen: „Jeder oder jede repräsentiert auch alleine immer die gesamte Aufgabe. Natürlich kann es passieren, dass andere versuchen, das auszunutzen. Das ist so wie mit Eltern“, lacht Behrens. Um das zu vermeiden, helfe eine enge Abstimmung. „Ich habe mit meiner Kollegin die Verabredung, dass wir beide die Entscheidungen der anderen mittragen.“
Mehr braucht es aus Behrens‘ Sicht für den Erfolg nicht, denn: „Alle, die sich für dieses Modell entscheiden, bringen eine sehr hohe Motivation fürs Gelingen mit.“ Schließlich sei ihnen gemeinsam, dass sie das Aufteilen ihrer Position als tolle Möglichkeit erachten, um in ihrer aktuellen Lebensphase Zeit für andere Themen zu haben.
Jobsharing hat viele Vorteile
Auch für Arbeitgeber sieht Behrens viele Vorteile: Sie erhalten sich nicht nur motivierte Arbeitskräfte, sondern können auch mehreren Personen die Möglichkeit geben, eine Führungsposition auszuüben. Das trage zur Mitarbeiterbindung und zur Personalentwicklung bei. Auch gebe es nie lange Abwesenheitszeiten. Behrens ist überzeugt, dass die Beteiligten in dem Modell viel lernen könnten: „Wer Jobsharing macht, hat immer einen Sparringspartner, der Feedback gibt und mit dem man gemeinsam über bestimmte Themen nachdenkt. “
Diese Vorteile überwiegen aus Behrens‘ Sicht die höhere Zeitressource, die Arbeitgeber zur Verfügung stellen sollten, damit sich die Partner abstimmen können. „Es ist wichtig, dass die Abstimmungsnotwendigkeit honoriert und dafür Budget zur Verfügung gestellt wird“, rät Behrens. Vor allem zu Beginn jedes Jobsharings sollten Unternehmen dafür Zeit einplanen. „Der Anfangsaufwand rentiert sich. Wenn sich die Tandempartner gut kennen, nimmt der Aufwand ab.“ Spätestens dann könnten Unternehmen die Überschneidungszeiten reduzieren. „Es spielt sich ein, wie viel gemeinsame Zeit beide brauchen“, beruhigt sie.
Kirstin Gründel