Die Bewerbungsphase ist erfolgreich abgeschlossen. Das Unternehmen hat sich für Sie entschieden, eine neue Führungsaufgabe kommt auf Sie zu. Der erste Arbeitstag naht, und Sie stellen sich die Frage, wie die Startphase verlaufen soll. „Mal abwarten“ ist zwar generell richtig. Aber ohne Plan eine neue Stelle im Management anzutreten ist riskant. Und es gilt zu bedenken, dass es – im Gegensatz zum Fliegen – nach einem Startabbruch kein erneutes Ansteuern der Startbahn gibt, zumindest nicht für diesen Job in diesem Unternehmen.
Der erste Eindruck zählt. Das bedeutet, dass die ersten Begegnungen mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dem Eindruck entsprechen sollten, den Sie hinterlassen möchten. Dieser Eindruck sollte nicht einem Wunschbild entsprechen, sondern Sie sollten authentisch sein.
Eine weitere Herausforderung der Startphase liegt darin, sich Zeit zu lassen für das Kennenlernen und Lernen. Ihr Umfeld, also die Personen, die sich für Sie entschieden haben, sowie Ihre Mitarbeiter und Kolleginnen haben Erwartungen an Sie. Und auch Sie selbst haben Ziele und möchten zeigen, dass Sie die richtige Person für diese Stelle sind. Letzteres wird vielfach damit verbunden, möglichst bald Entscheidungen zu treffen und Veränderungen sichtbar zu machen.
Das zu schnelle Handeln birgt aber Gefahren: Sie kennen die Mitarbeiter und die Organisation (noch) nicht, und Sie haben noch keinen Überblick über die laufenden oder in der Vergangenheit gescheiterten Projekte. Dies bedeutet allerdings nicht, dass Sie sich in allen Themen mit den Worten „Ich muss erst mal schauen …“ zurückziehen können. Entscheidungen im Tagesgeschäft müssen Sie auch bereits in den ersten 100 Tagen treffen und nicht Aufschiebbares angehen. Dabei gilt es, schon in dieser Orientierungsphase die Belegschaft einzubeziehen.
Besondere Herausforderungen bringen die ersten 100 Tage vor allem mit sich, wenn …
… es die erste Führungsaufgabe für Sie ist.
Hier gilt es, sich die neue Rolle bewusst zu machen und zu verdeutlichen, wie sich die neue Aufgabe von Bisherigem unterscheidet bzw. durch das eigene Verhalten und Handeln unterscheiden soll.
… es ein externer Stellenwechsel ist.
Nicht nur die Stelle, sondern auch das Unternehmen mit seiner Kultur, seiner Organisation etc. sind neu.
… die Mitarbeiter schon viele Führungskräfte haben kommen und gehen sehen.
Wenn dieselbe Führungsposition in kurzer Zeit mehrfach neu besetzt wurde, ist es besonders herausfordernd, Vertrauen aufzubauen und gemeinsam an der Gestaltung einer langfristigen Zusammenarbeit zu arbeiten.
Maßnahmen
Bereits vor dem Start starten
Damit die ersten 100 Tage erfolgreich verlaufen, sollten Sie vor dem ersten Tag starten. Informieren Sie sich vor Ihrem Arbeitsbeginn über Neuerungen im Unternehmen, halten Sie Kontakt mit Ihrem neuen Arbeitsbereich und Ihren Führungskräften.
Sich vorstellen
Ob Sie es Antrittsrede, Begrüßung oder Vorstellung nennen: Stellen Sie sich am ersten Tag Ihren Mitarbeitern vor, denn diese sind gespannt, wer Sie sind, was Sie gemacht haben und wie Sie sich die Zusammenarbeit vorstellen. Überlegen Sie sich im Vorfeld, was Sie von sich erzählen möchten. Sie dürfen dabei auch benennen, welche Werte und Vorhaben Ihnen wichtig sind, was Sie unter Führung verstehen oder wie Sie sich die ersten 100 Tage vorstellen. Sie können hier auch eine Vorstellungsrunde Ihrer Mitarbeiter anschließen.
Mitarbeitergespräche führen
Vereinbaren Sie in den ersten 30 Tagen mit Ihren Mitarbeitern Gespräche. Informieren Sie sich über deren Aufgaben und Erwartungen. Machen Sie sich auch ein Bild, wie die Mitarbeiter bisher geführt wurden und wie viel Führung sie wünschen.
Denken Sie daran, dass Mitarbeitergespräche auch ein Zeichen der Wertschätzung sind. Vergessen Sie niemanden, und machen Sie sich Gedanken zur Reihenfolge, ob sie diese selbst bestimmen oder den Mitarbeitern überlassen.
An Meetings teilnehmen
Gehen Sie in Meetings, beispielsweise von Projektteams in Ihrem Bereich. Verschaffen Sie sich einen Eindruck von der Zusammenarbeit und den Themen.
Gespräche mit der eigenen Führungskraft und Kollegen führen
Nach der ersten Orientierung im eigenen Bereich sollten Sie die Erwartungen Ihrer Führungskraft, die Sie sicherlich schon aus der Bewerbungsphase kennen, aufnehmen. Konkrete Zielvereinbarungen setzen Vertrauen voraus, aber auch so viel Kenntnis der Gegebenheiten, dass Sie sich mit einem Commitment zu Zielen wohlfühlen.
Gleichermaßen ist es wichtig, in den ersten Wochen Gespräche mit den Kollegen aus Ihrem Team zu führen und deren Erwartungen aufzunehmen. Auch firmenexterne Kunden-Lieferanten-Verhältnisse sollten Sie abklären.
Übergang von „sich selbst orientieren“ zu „Orientierung geben“
Der Übergang von der Phase des eigenen Orientierens zur Phase des Entscheidungentreffens und Orientierunggebens ist fließend. Die eigene Führungskraft sowie Mitarbeiter und Kollegen sollten in den ersten 100 Tagen eine Orientierung bekommen, indem Sie Ziele für einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten vereinbaren.
Prof. Dr. Rupert E. Bardens und
Prof. Dr. Achim Weiand,
Hochschule für angewandte Wissenschaften, Neu-Ulm