Die Automobilindustrie sieht sich mit großen Herausforderungen konfrontiert: Nicht nur die Halbleiterknappheit hat gravierende Auswirkungen auf die Fertigung dieser Branche, auch die internationalen Lieferketten erweisen sich aufgrund globaler Ereignisse als instabil. Das führt in vielen Unternehmen zu gedrosselter Produktion und folglich zu Verzögerungen bei der Auslieferung vieler Neufahrzeuge.
Getrieben durch gesellschaftspolitische Diskurse zu Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz, hinterfragen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer außerdem zunehmend die angebotenen Mobilitätslösungen ihrer Arbeitgeber. An diese Entwicklungen müssen sich Unternehmen anpassen.
Das Arval Mobility Observatory Fuhrpark- und Mobilitätsbarometer hat für 2022 fünf Trends identifiziert, die das Fuhrparkmanagement künftig prägen werden.
1. Stabiles Flottenwachstum
Die meisten Befragten blicken optimistisch in die Zukunft – trotz Coronapandemie. So erwartet die große Mehrheit (94 Prozent) der in diesem Jahr befragten deutschen Unternehmen, dass ihre Flotte stabil bleibt oder sich sogar erweitern wird. Eine Trendentwicklung, die sich ebenfalls auf europäischer Ebene abzeichnet. Die Hälfte der Befragten, die eine Erweiterung ihrer Flotte erwarten (56 Prozent), begründet das prognostizierte Wachstum des Fuhrparks mit einer positiven Geschäftsentwicklung. In dieser sehen die Unternehmen einen möglichen Grund für einen höheren Bedarf an Firmenfahrzeugen.
23 Prozent planen außerdem, ihr Firmenwagenangebot auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszuweiten, die bisher noch nicht von einem Dienstwagen profitierten. Schließlich sehen 14 Prozent das Firmenfahrzeug auch als wichtigen Hebel, um Talente anzuwerben und Mitarbeiter zu binden.
Es ist also davon auszugehen, dass sich die Coronapandemie 2022 nicht mehr so stark auf Unternehmensflotten auswirkt wie noch ein Jahr zuvor. Denn trotz der Einführung von Homeoffice haben neun von zehn Unternehmen keine Änderungen in ihren Mobilitätsrichtlinien vorgenommen und ziehen auch künftig keine Anpassungen in Betracht. Festzustellen ist jedoch, dass sich der Durchschnitt der jährlich gefahrenen Kilometer im Jahr 2022, verglichen mit dem Vorjahr, verringert hat. Außerdem halten deutsche Unternehmen mit 5,1 Jahren deutlich länger an ihren Fahrzeugen fest als noch 2021 (4,3 Jahre).
2. KMUs setzen auf hybride Beschaffungsprozesse
Die vergangenen Jahre haben gezeigt: Die Digitalisierung macht auch vor Beschaffungsprozessen nicht halt – das gilt auch für den Fuhrpark. Zwar setzen Unternehmen vorzugsweise (41 Prozent) auf rein persönliche Kontakte, wenn sie Fahrzeuge beschaffen möchten. Die Tendenz ist jedoch rückläufig. Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMUs), die an der Befragung im Jahr 2022 teilnahmen, setzen bereits auf eine Mischung aus digitalem und persönlichem Auswahl- und Bestellverfahren. 27 Prozent ziehen es dabei vor, Fahrzeuge digital auszuwählen und dann vor Ort zu bestellen.
17 Prozent der befragten KMUs hingegen präferieren den entgegengesetzten Weg: Sie wählen die Fahrzeuge über den persönlichen Kontakt aus, bestellen dann aber digital. Als Gründe für die Entscheidung zugunsten (teilweise) digitalisierter Prozesse geben die Unternehmen an, dass diese sich für sie unkomplizierter und komfortabler gestalteten. Für vollständig digitale Prozesse entscheiden sich mit 11 Prozent nur wenige Unternehmen.
3. Trotz Herausforderungen weitere Umstellung auf alternative Antriebe
Die Zulassungszahlen für elektrifizierte Fahrzeuge steigen kontinuierlich. Dennoch erwarten die befragten deutschen Unternehmen, dass in den kommenden drei Jahren noch immer zwei Fünftel (41 Prozent) der Pkw und 56 Prozent der leichten Nutzfahrzeuge in der Flotte aus Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselantrieb bestehen werden. Die Umstellung des Fuhrparks auf alternative Antriebe bleibt also ein wichtiges Thema für Flottenverantwortliche. Immerhin: Sechs von zehn der befragten Unternehmen geben 2022 an, mindestens eine alternative Antriebstechnologie für ihre Pkw eingeführt zu haben.
Zu den beliebtesten Formen der alternativen Antriebe für Flottenfahrzeuge zählen dabei Plug-in-Hybride mit 36 Prozent und reine Hybridfahrzeuge mit 34 Prozent. Mit 26 Prozent ist die Nutzung von rein batterieelektrischen Fahrzeugen etwas geringer. Die restlichen 4 Prozent entfallen auf weitere alternative Antriebsformen.
Für die Firmen liegt die größte Herausforderung bei der vollständigen Umstellung des Fuhrparks auf rein batterieelektrische Fahrzeuge weiterhin in der Ladeinfrastruktur. Positiv zu bewerten hingegen ist, dass Flottenverantwortliche aufgrund eines schnell wachsenden Angebots und einer immer breiteren Modellpalette mehr Möglichkeiten bei der Fahrzeugauswahl haben.
4. Bikeleasing, Carsharing & Co. werden beliebter
Es muss nicht ausschließlich der Dienstwagen als Benefit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein. Diese Erkenntnis bestätigen auch die Ergebnisse des diesjährigen Arval Mobility Observatory Mobilitäts- und Fuhrparkbarometers: In Deutschland haben bereits 84 Prozent der befragten Unternehmen mindestens eine Form ergänzender Mobilität eingeführt – Tendenz steigend. Zu weiteren Mobilitätslösungen gehören unter anderem: Corporate Carsharing, Privat- oder Mitarbeiterleasing, Mobilitätsbudgets, Bikesharing oder Bikeleasing und öffentlicher Nahverkehr.
Auch bei den zusätzlichen Mobilitätslösungen liegt Deutschland über dem europäischen Durchschnitt. Vorangetrieben wird diese Entwicklung vor allem von kleineren Unternehmen. Bemerkenswert ist, dass Unternehmen die Angebote nicht als Ersatz für den klassischen Firmenwagen, sondern vielmehr als Ergänzung verstehen. In vielen Firmen, die bisher noch keine alternativen Mobilitätslösungen anbieten, bevorzugen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter klar den Dienstwagen. Grund dafür ist, dass sie dadurch die Finanzierung eines eigenen Fahrzeugs vermeiden.
5. Zurückhaltung bei Nutzung vernetzter Dienste
Während deutsche Flotten im Hinblick auf die Nutzung nachhaltiger Antriebe und alternativer Mobilitätslösungen über dem europäischen Durchschnitt liegen, zögern diese, wenn es um vernetzte Dienste geht. Bislang setzen erst 9 Prozent der befragten deutschen Unternehmen Telematiklösungen in ihren Fuhrparks ein. Damit liegt Deutschland weit unter dem europäischen Durchschnitt von 33 Prozent.
Die wichtigsten Vorteile bei vernetzten Fahrzeugen, unabhängig ob Pkw oder Leichtlastkraftwagen, sind die Ortung der Fahrzeuge, die Verbesserung der Fahrzeug- und Fahrersicherheit, die Optimierung der betrieblichen Effizienz und die Senkung der Flottenkosten.<
Katharina Schmidt, Head of Consulting & Arval Mobility Observatory & Leitung Fuhrpark bei Arval Deutschland GmbH