Herr Meltz, die Arbeitspsychologen und Arbeitspsychologinnen der ias führen seit Jahren die GB Psych in unterschiedlichen Unternehmen durch. Was macht eine erfolgreiche GB Psych aus?
Oliver Meltz: Eine GB Psych hilft einem Unternehmen, seine individuellen Ziele zu erreichen. Dies gilt primär für den Arbeits- und Gesundheitsschutz, aber auch darüber hinaus. Durch eine Befragung der Beschäftigten erfährt das Unternehmen, wo es Herausforderungen gibt und welche Lösungen sich die Beschäftigten vorstellen können. Dabei sehen wir die Beschäftigten als Experten und Expertinnen für ihre Arbeitsplätze an. Neben der Vermeidung von Fehlbelastungen haben sie dabei meist auch die Produktivität ihres Bereichs gut im Blick.
Was hat die GB Psych mit der Unternehmensstrategie zu tun?
Oliver Meltz: Eine ganze Menge, denn Themen wie Prozessoptimierung und Unternehmenskultur, die in fast jeder GB Psych auftauchen, sind integraler Bestandteil einer Unternehmensstrategie. Es ergibt deshalb Sinn, wenn der gesetzlich vorgeschriebene Prozess der GB Psych inhaltlich und methodisch erweitert wird, um den Arbeits- und Gesundheitsschutz mit Maßnahmen der Organisationsentwicklung zu verknüpfen. Auf diese Weise profitiert der Strategieprozess von der Durchführung einer GB Psych, und die Themen der GB Psych bekommen Aufmerksamkeit von den Entscheidern.
Immer mehr, aber längst nicht alle Unternehmen führen die GB Psych durch. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Oliver Meltz: Wir erleben, dass sich manche Unternehmen deswegen vor der GB Psych scheuen, weil sie ihre Handlungsfelder erahnen, aber keine Lösung parat haben. Oftmals – so ist unser Eindruck – brauchen Unternehmen mehr Beratung bereits vor der Durchführung der GB Psych. Etwa dann, wenn größere Veränderungen anstehen wie die Einführung flexibler Bürokonzepte. Wir müssen den Fokus von einer reinen Pflichterfüllung wegbewegen und hinlenken zum Nutzen, den eine GB Psych stiften kann – sowohl für die Gesundheit der Beschäftigten als auch für den Erfolg des Unternehmens.
Wir erleben den Bedarf und glauben, dass die GB Psych neben ihrer Aufgabe, Schaden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abzuwenden, auch dazu da sein kann, Ziele zu erreichen, die darüber hinausgehen. Daher haben wir einen Businesskompass entwickelt. Dieser wird auf die Ziele des Unternehmens ausgerichtet und kann Erkenntnisse für die Organisationsentwicklung liefern, etwa zu Themen wie Prozessoptimierung, Digitalisierung und New Work, aber auch zu Führung und Unternehmenskommunikation.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie sowohl GB Psych als auch Organisationsentwicklung in einem Unternehmen begleiten?
Oliver Meltz: Im besten Fall arbeiten wir hier mit zwei Rollen: Auf der einen Seite gibt es die überparteiliche Rolle der Arbeitspsychologen, die die gesetzeskonforme Durchführung der GB Psych und die Beteiligung sämtlicher Betriebsparteien im Blick haben.
Auf der anderen Seite gibt es die Rolle des Beraters der Geschäftsführung. Die Berater sorgen dafür, dass der Prozess und das Umfragetool auch im Sinne der strategischen Organisationsentwicklung genutzt werden können. So lassen sich wertvolle Impulse zu Themen gewinnen, die unternehmerisch ohnehin anstehen. Seien es geplante Digitalisierungsprojekte oder die Umgestaltung von Büroräumen.
Können Sie uns ein Beispiel nennen?
Oliver Meltz: Ein Unternehmen stellt fest, dass eine GB Psych durchgeführt werden muss. Der für den Arbeitsschutz zuständige Manager wendet sich mit der Bitte um Unterstützung an uns. Erbeten wird eine möglichst schnelle und schlanke Umsetzung. Im gleichen Unternehmen plant die Geschäftsleitung mit den für Personal und Gebäude zuständigen Managern und Managerinnen, ein flexibles Office-Konzept einzuführen.
Beide Planungen laufen zeitgleich, aber völlig unabhängig voneinander. Synergiepotential entsteht, wenn die im Rahmen der GB Psych durchgeführte Befragung genutzt wird, um auch die Haltung der Beschäftigten zum geplanten Bürokonzept zu ermitteln.
Falls dabei beispielsweise herauskommt, dass viele altgediente Fachkräfte es als Entzug von Wertschätzung empfinden, zukünftig auf einen angestammten Arbeitsplatz verzichten zu sollen, besteht Gelegenheit, proaktiv zu reagieren. Die Beraterinnen und Berater unterstützen in diesem Prozess die Geschäftsleitung über den Arbeitsschutz hinaus.
Oliver Meltz, Arbeitspsychologe, ias-Gruppe