Mitarbeiter, die seelisch und körperlich gesund sind und sich wertgeschätzt fühlen, sind nicht nur für das Betriebsklima und die -stimmung im Unternehmen ein Gewinn. Wie verschiedene Studien von Rochus Mummert belegen, setzen sich gesunde Mitarbeiter engagierter für ihren Arbeitgeber ein als „ungesunde“ Mitarbeiter und sind ihm loyal verbunden. Zudem können sie besser ihre persönlichen und fachlichen Kompetenzen entfalten und damit noch mehr zum Unternehmenserfolg beitragen als nicht gesunde Mitarbeiter.
Darüber hinaus bewerten sie ihren Arbeitgeber positiver, so dass dieser auf dem Arbeitsmarkt in einem attraktiveren Licht erscheint – ein gerade vor dem Hintergrund des allgemeinen demographischen Wandels sowie des Fachkräftemangels nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor im Recruiting.
Besondere Bedeutung erhält das Thema Mitarbeitergesundheit in volatilen Zeiten, wie wir sie durch das Coronavirus erleben. Nicht nur verschlechtern sich die Konjunkturaussichten, auch müssen Menschen beruflich und privat jonglieren, um Lösungen für Herausforderungen wie Schul- und Kindergartenschließungen, Homeoffice oder Kurzarbeit zu finden. Erste Erkenntnisse belegen, dass es vielfach Frauen sind, die als wahre Krisenmanagerinnen hervorstechen, privat wie beruflich.
Auch bekannt: Viele Mitarbeiter der von der Krise erschütterten Unternehmen und Wirtschaftsbereiche sind verunsichert. Das beeinträchtigt die körperliche und seelische Gesundheit. Vorgesetzte sind hier mehr denn je als Vorbilder gefordert.
Erfolgsfaktor Vertrauen
Einen immer noch unterschätzten Einfluss auf die psychische Gesundheit der Menschen in einem Unternehmen ist die Art, wie Führung praktiziert wird. Ein erster unterstützender Faktor ist hier gelebtes Vertrauen. Damit ist kein „blindes Vertrauen“ als Managementstil gemeint. Dieses hätte eher negative Auswirkungen auf die Psyche, denn dabei gehen nicht nur Respekt und Achtung vor der Vielschichtigkeit aller Beteiligten verloren, sondern die Menschen distanzieren sich und verzichten auf Informationen, die für eine weitsichtige Steuerung von Projekten und Organisationsprozessen unabdingbar sind. „Echtes“ Vertrauen hingegen, bei dem viele Potenziale zur Verfügung gestellt werden, führt zu Interesse und Neugier. Das wirkt sich positiv auf die psychische Stabilität aus.
Potenziale aktiv anbieten
Ebenso bedeutet Führen in einer gesundheits- wie leistungsförderlichen Ausrichtung Klarheit und Berechenbarkeit in Form sichtbarer und nachvollziehbarer Verantwortungsübernahme. Anders gesagt: Die Führungskraft trifft Entscheidungen, hinter denen eine Haltung steht und die zudem angemessen kommuniziert werden. Potenziale, die das Unternehmen bietet, werden Mitarbeitern so angeboten, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass diese sie nutzen und in Leistung umwandeln.
Ein erkanntes Potenzial ist dabei sowohl Angebot als auch Chance zur Weiterentwicklung. Spätestens dann, wenn die damit verbundene Weiterentwicklung auch für das zugehörige Team und das Unternehmen einen Wert erzeugt, entsteht ein positiver Effekt, der sich sowohl psychologisch als auch ökonomisch darstellen lässt. Zu den wesentlichen Voraussetzungen zählt unter anderem die Möglichkeit zum regelmäßigen Austausch über Interessen, Talente, Ziele und Entwicklungschancen. Erst ein solches gemeinsames Gespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ermöglicht es, entsprechende Potenziale im jeweiligen Umfeld zu erkennen und in Leistung zu transformieren.
Gelebte Wertschätzungskultur
Ein weiterer starker Positivfaktor für die psychische Gesundheit ist eine gelebte Wertschätzungskultur. Ein Grund für die hohe Wirksamkeit einer solchen Kultur ist, dass sie ein menschliches Urbedürfnis anspricht, nämlich, anerkannt zu werden und den Sinn des eigenen Handelns für andere zu erkennen – ebenfalls etwas, das aufgrund seiner besonders positiven Wirkung auf Geist und Seele nicht zuletzt die innere psychische Widerstandskraft des einzelnen Beschäftigten stärkt. Dieser ist dadurch motivierter und erträgt Stress besser, was sich wiederum in einer geringeren Krankheits- und Fluktuationsquote äußert und damit letztlich auch die Profitabilität der Firma steigert.
Mehrere Rochus-Mummert-Studien haben beispielhaft gezeigt, an welchen Faktoren eine solche Kultur zu erkennen ist: Neben offenem Kommunizieren über Positives wie Negatives, einem angstfreien Miteinander sowie einer konstruktiven Auseinandersetzung mit Fehlern gehören dazu auch gelebtes, echtes Vertrauen sowie das Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse von Mitarbeitern.
Bedeutung weiblicher Führungskräfte
Auch vor diesem Hintergrund gewinnen Führungskompetenzen wie Flexibilität, Kommunikationsfähigkeit und vor allem Empathie zunehmend an Bedeutung. Zusätzliches Gewicht hat ihnen die coronabedingte Homeoffice-Revolution verliehen: Sie fordert Führungskräfte auf Beziehungsebene heraus, am Monitor den nötigen Kontakt und eine Verbundenheit mit ihren Mitarbeitern herzustellen. Zudem sind Führungskräfte derzeit mehr denn je als Vorbilder gefordert, wenn es um eine gesunde Balance von Berufs- und Privatleben geht.
Nachweislich sind diese Kompetenzen häufiger im Führungsverhalten von Frauen zu beobachten. Vor allem das damit verbundene Wir-Denken ist laut der US-Neurobiologin Louann Brizendine „typisch weiblich“. Biologisch ist es dadurch begründet, dass das Sorgenzentrum des Gehirns bei Frauen größer ist als bei Männern. Das bewirkt ein anderes, von Mitgefühl geprägtes Abwägen bei Entscheidungen, was zum Beispiel vor psychisch belastenden Härten bewahrt oder diese abmildert.
Gemischte Führungsteams sind wertschätzender
Auch im Sinne eines generell anstehenden kulturellen Wandels in der Unternehmenswelt ist es umso wichtiger, auf Führungsebene den Anteil an weiblichen Führungskräften zu erhöhen. Idealerweise ist die Unternehmensleitung gleichermaßen mit Frauen und Männern besetzt, so dass sich die unterschiedlichen Fähigkeiten und Führungsstile gegenseitig ergänzen. Ein Effekt, den nicht zuletzt die Studie „Die Bedeutung von Ethik und Wertschätzungskultur für die Arbeit von Aufsichts- und Beiräten“ unterstreicht. Sie weist nach, dass Unternehmen schon ab einem weiblichen Mitglied etwa im Aufsichtsgremium in ihrer Wertschätzungskultur sowie bei der Art, wie ethische Prinzipien gelebt werden, besser aufgestellt sind als Unternehmen, in denen reine Männergremien dominieren.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich ein Zusammenhang zwischen Führungskultur und psychischer Gesundheit der zugehörigen Teams herstellen. Wesentliche Hebel, die Führungskräfte dabei in der Hand haben, sind gelebte Tugenden und Qualitäten wie echtes Vertrauen, Wertschätzung sowie intensive Unterstützung, neue und spannende Potenziale zu nutzen. Auf struktureller und personeller Ebene spielt der Anteil an weiblichen Führungskräften eine entscheidende Rolle für gesunde Unternehmen. Darauf sollten Unternehmen verstärkt achten.
Für die bessere Lesbarkeit des Textes verzichten wir auf die Verwendung geschlechtsspezifischer Sprachformen. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.