Immer mehr Unternehmen befinden sich quasi zwischen den Welten. Das wirkt sich auf Arbeitsweisen, Strukturen und Prozesse aus, aber auch auf die Art, wie Menschen geführt werden. Für unsere Studie haben wir von Mai bis Juli 2018 rund 200 Führungskräfte und Mitarbeiter im Rahmen einer Onlineerhebung nach ihren Erfahrungen während des Wandels vom traditionellen zum agilen Unternehmen befragt. Ein Fazit: Es gibt noch viel zu tun, aber die Erwartungshaltung ist positiv.
Wandel beeinflusst Mensch und Organisation
Der Wandel ist stets präsent – dies wird durch die Studie deutlich. So unterliegen Organisationsformen und Arbeitsweisen großen Veränderungen. 89 Prozent der Befragungsteilnehmer bestätigen das. Rund 92 Prozent der Befragten erkennen darin auch Auswirkungen auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern und Organisationen.
Die Fluktuation in den Unternehmen ist auf einem hohen Niveau, Teamkonflikte nehmen zu, der Gestaltungsspielraum des Einzelnen vergrößert sich, während die Vorgaben abnehmen. Aufgaben werden komplexer, es fehlen vielfach fachliche und methodische Qualifikationen. Die Liste der Aspekte mit akutem Handlungsbedarf in den Unternehmen ist lang. Auch der interne Umgang mit Informationen sowie mit Innovationen zeigt deutliche Defizite. Bei 83 Prozent der Befragten betreffen massive Veränderungen in den Arbeitsweisen und Organisationsformen das gesamte Unternehmen. Dennoch richten Führungskräfte und Mitarbeiter in der ias-Studie durchaus positive Erwartungen an die Zukunft: In allen Punkten prognostizieren die Studienteilnehmer deutliche Verbesserungen in den kommenden fünf Jahren. Für die Unternehmen eröffnen sich daraus große Chancen.
Führung in agilen Zeiten
Chancen, die unter anderem auch Führungskräfte nutzen können. 80 Prozent der Befragten erleben die Führungskräfte in ihrem Unternehmen zumindest teilweise als aktive Förderer des Wandels. Dabei attestieren ihnen 33 Prozent der Befragten die nötigen sozialen Kompetenzen. Beim Handwerkszeug gibt es Nachholbedarf: 39 Prozent der Befragten bemängeln, dass den Führungskräften die nötigen Qualifikationen fehlen, um den Wandel zu gestalten. Weiteren 36 Prozent fehlen diese zumindest teilweise, was sich für 75 Prozent der Befragten deutlich negativ auswirkt.
Führungskräfte simultan mit den neu entstehenden Anforderungen zu befähigen wird derzeit augenscheinlich noch vernachlässigt. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass 36 Prozent der Befragten beanstanden, dass Versuche, Änderungen zu schaffen, in den Unternehmen gegenwärtig häufig auf Widerstand stoßen.
Gemeinsame Vision und unbekannte Strategie
Eine Vision stellt ein gemeinsames Verständnis her, vermittelt Orientierung und Sinn. Ihr Potenzial, Mitarbeiter zu begeistern und Kräfte freizusetzen, erhöht die emotionale Bindung an das Unternehmen und hat Schubwirkung für Veränderungen und Weiterentwicklung. 32 Prozent der Befragten geben an, dass die Vision des Unternehmens auch gelebt wird, bei 42 Prozent erfolgt dies zumindest teilweise. Etwa jedes zweite Unternehmen hat eine umfassende Unternehmensstrategie zum Wandel.
Während diese nach Einschätzung der Befragten etwa 47 Prozent der Mitarbeiter bekannt ist, haben jedoch nur 30 Prozent sie auch verstanden. Gerade in agil arbeitenden Unternehmen braucht es aber einen strategischen Kompass, der die Richtung vorgibt und Orientierung bietet. Denn damit Unternehmen innovativer, kreativer und flexibler werden, muss jeder Beschäftigte an seinem Arbeitsplatz dazu befähigt sein, selbstorganisiert zu handeln – im Sinne des Unternehmens sowie dessen Strategie und Vision.
Wettbewerbsvorteil interne Innovationen
Um ihre Innovationsfähigkeit zu steigern und eine Innovationskultur zu etablieren, müssen Unternehmen intern gereifte Ideen als wertvolle Impulse begreifen. Mehr noch: Sie müssen ihre Innovationsprozesse öffnen und dabei sowohl Mitarbeiter als auch Kunden einbinden. 38 Prozent der Studienteilnehmer sehen sich seitens ihres Arbeitgebers jedoch nicht ausreichend zu Innovationen ermutigt.
Turbulentes Arbeitsumfeld
Wechselnde Kollegen und Vorgesetzte: 42 Prozent der Befragten sehen die Belegschaft ihres Unternehmens starken Schwankungen durch häufige Zu- und Abgänge von Mitarbeitern ausgesetzt. Die Folgen sind Unruhe und Mehrarbeit. In einer sich ohnehin ständig wandelnden Arbeitswelt führt das zu zusätzlichen Belastungen. Ausscheidende Mitarbeiter nehmen zudem ihr erworbenes Wissen mit. Neue Kollegen müssen eingelernt und befähigt werden, was wiederum einen hohen Ressourceneinsatz bedeutet. Doch gerade die Neubesetzung der Stellen auf Mitarbeiterebene bewerten 87 Prozent als schwierig, wie die Studie zeigt.
In Folge steigen das Arbeitsvolumen und der Zeitdruck für die verbleibenden Mitarbeiter und damit auch die individuelle Arbeitsbelastung. Die möglichen Auswirkungen auf die individuelle Gesundheit und Leistungsfähigkeit können schwerwiegend sein. Für Unternehmen ist es daher von existenzieller Bedeutung, die Ursache der Wechselwilligkeit ihrer Mitarbeiter zu ergründen und konkret gegenzusteuern. Das aktive Management von Gesundheit und Leistungsfähigkeit kann dabei eine gewichtige Hebelwirkung haben.
Erkenntnis: Investition in Mitarbeiter
Doch die Studie zeigt: Nur jedes dritte Unternehmen begegnet heute den Themen Gesundheit und Leistungsfähigkeit mit einem umfassenden und strategisch ausgerichteten Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Zwar gibt es in etwas mehr als jedem zweiten Unternehmen Einzelmaßnahmen. Sie können jedoch für die komplexen Themen von Unternehmen im Wandel kaum nachhaltige Lösungen bereitstellen. Dass im Zeitalter der Digitalisierung in die Mitarbeiter und Führungskräfte investiert werden muss, um erfolgreich zu sein, haben die Unternehmen aber bereits erkannt: Als relevanteste Maßnahme für die Zukunft geben die Befragten Personalentwicklung an (88 Prozent), dicht gefolgt von Coaching für Führungskräfte (86 Prozent) und Gesundheitsförderung (85 Prozent).