Egal ob Azubi, Führungskraft oder Berufserfahrene: Wer neu ins Unternehmen kommt, hat seine eigenen Erwartungen an den Einstieg. Wie wichtig ein individuell zugeschnittenes Onboarding für einen erfolgreichen Jobeinstieg ist, untersuchte Frida Osbahr im Rahmen ihrer Abschlussarbeit an der Fachhochschule Erfurt. Für ihre Studie hat die 25-Jährige insgesamt 205 Mitarbeiter in Unternehmen aus mehr als 29 Branchen befragt. „Die Vermutung lag nahe, dass Auszubildende dem fachlichen Onboarding die größte Bedeutung beimessen – aber die Auswertung widerlegt das“, zieht Osbahr Bilanz.
Auszubildende suchen Orientierung
Am wichtigsten finden Auszubildende das formale Onboarding. Das fachliche Onboarding folgt erst auf Platz zwei.
- Das formale Onboarding umfasst alle organisatorischen Aspekte wie die Einrichtung eines E-Mail-Accounts, die Einrichtung eines Arbeitsplatzes oder das Bereitstellen der notwendigen Arbeitsschutzausstattung.
- Auf der Ebene des fachlichen Onboardings wird der Auszubildende dazu befähigt, schnell und erfolgreich im Sinne der Unternehmensziele im Einsatz zu sein. Er erfährt alles Wissenswerte über das Unternehmen sowie über seinen Arbeitsbereich und lernt die jeweiligen Ansprechpartner kennen.
Maßnahmen für ein gelungenes Onboarding
Die Masterarbeit liefert überraschende Ergebnisse zu den Erwartungen neuer Mitarbeiter an das Onboarding. Daraus können Unternehmen ableiten, wie sie das Onboarding gestalten sollten. Aufgrund der hohen Gewichtung, die Auszubildende dem formalen und fachlichen Onboarding zuschreiben, sollten Ausbildungsbetriebe folgende Tipps berücksichtigen:
- Kontakt halten während Preboarding: Zwischen Vertragsunterschrift und Ausbildungsbeginn (Preboarding) können einige Wochen vergehen. In dieser Zeit ist es wichtig, im Austausch mit dem Auszubildenden zu bleiben, beispielsweise durch die Eingangsbestätigung des unterschriebenen Vertrags, Gratulationskarten oder das vorzeitige Versenden von Informationen zum ersten Arbeitstag und zum Unternehmen. Weiterhin erfolgen die administrativen Angelegenheiten, wie das Ausfüllen des Personalbogens und die notwendigen Anmeldungen des Auszubildenden, idealerweise in dieser Zeit. So kann die Auszahlung des Lohns rechtzeitig erfolgen, und der Auszubildende verbringt seinen ersten Tag nicht mit Formalitäten. Auch können Unternehmen ihre neuen Auszubildenden bereits zu Firmenevents oder zum Mittagessen einladen. Das trägt dazu bei, dass sie sich von Anfang an wohlfühlen.
- Vorbereitung des Arbeitsplatzes: Vor dem ersten Arbeitstag des Auszubildenden sollte dessen Arbeitsplatz eingerichtet sein. Es sollte alles vorhanden sein, was der Auszubildende für seine Arbeit benötigt. Dazu gehören Mobiliar, technische Ausstattung und Büromaterial sowie gegebenenfalls Werkzeuge und Arbeitskleidung. Auch Namensschilder, falls vorhanden, müssen mit dem Namen des neuen Mitarbeiters versehen werden. Außerdem ist entscheidend, dass alle IT-Zugänge, Accounts und Passwörter eingerichtet werden.
- Planung des ersten Tages: Der erste Eindruck zählt – das gilt auch für den ersten Arbeitstag. Er stellt die Weichen für die zukünftige Arbeitsbeziehung und sollte deswegen geplant werden und strukturiert ablaufen. Kollegen und Empfang sollten über die Ankunft des neuen Auszubildenden und den Ablauf des ersten Tages informiert werden.
- Willkommenspaket: Durch ein Willkommensgeschenk wie einen Blumenstrauß kann ein Unternehmen signalisieren, dass es sich über die Erweiterung des Teams freut. Außerdem ist es sinnvoll, eine Begrüßungsmappe zusammenzustellen. Diese enthält alle relevanten Informationen, die dem Auszubildenden die ersten Wochen erleichtern. Sie kann Organigramme, Steckbriefe, Sicherheitsbelehrungen und eine Liste mit häufig gestellten Fragen beinhalten.
- Vorstellung des Teams und Unternehmens: Jeder neue Auszubildende ist am ersten Tag gespannt auf seine neuen Kollegen und das Unterne Ein gegenseitiges Kennenlernen ist deshalb unverzichtbar. Eventuell bietet es sich an, ein Teammeeting für eine Vorstellungsrunde zu planen. Innerhalb der ersten Tage sollte der Auszubildende zudem eine Unternehmensführung erhalten, damit er sich schnell allein orientieren kann.
- Buddy- und Mentorenprogramm: Mit einem Buddy und einem Mentor stellt ein Unternehmen seinen Auszubildenden zwei Ansprechpartner zur Seite. Der Buddy ist eine Bezugsperson für allgemeine Fragen. Er sollte ein Kollege sein, da zu einem Kollegen eine geringere Distanz besteht als zu einem Vorgesetzten. Mit ihm kann der Auszubildende allgemeine Tipps und Informationen austauschen, beispielsweise über die ungeschriebenen Regelungen zu Arbeits- und Pausenzeiten. Wichtig ist, dass der Buddy seine Rolle freiwillig übernimmt. Er kann den Auszubildenden bereits vor dem ersten Arbeitstag kontaktieren und erste Fragen beantworten. Als Mentor fungiert ein erfahrener Mitarbeiter oder eine Führungskraft. Er gibt sein fachliches Wissen sowie Erfahrungen an den Auszubildenden weiter. Dadurch fördert er die berufliche Entwicklung des Auszubildenden und vermittelt ihm die Umsetzung der Unternehmensziele und -werte.
- Regelmäßige Feedbackgespräche: Gemeint ist eine gegenseitige Rückmeldung. Der Auszubildende sollte regelmäßig eine realistische Einschätzung seines fachlichen Lernfortschritts erhalten. Zudem sollte mit ihm besprochen werden, in welchen Bereichen er sich noch mehr Unterstützung wünscht. Gleichzeitig hat der Auszubildende die Möglichkeit, seine Sicht auf den Ausbildungsprozess zu äußern. Neben terminierten längeren Feedbackgesprächen eignen sich auch kurze Fünf-Minuten-Gespräche, um Erwartungen kontinuierlich abzustimmen. Eine stetige Kommunikation mit dem Auszubildenden ist ein wichtiger Aspekt bei der langfristigen Mitarbeiterbindung.
Fluktuationsgefahr? Nur wenn alles schiefgeht
Dass ein nicht zielgruppenspezifisches Onboarding zwangsläufig eine Kündigung zur Folge hat, konnte Osbahr in ihrer Arbeit nicht feststellen. Allerdings stellte sie fest: Wenn der Onboarding-Prozess in der Summe versagt, kann dies zu Fluktuationsgedanken bei den Auszubildenden führen. In Anbetracht der Tatsache, dass jeder Auszubildende im Durchschnitt drei Stellenangebote bekommt, ist es im Interesse des Betriebs, es nicht so weit kommen zu lassen. Da sich 93 Prozent der Auszubildenden Sicherheit und Stabilität im Beruf wünschen, sind auch sie einem Wechsel abgeneigt. Dennoch sollten Unternehmen die Einarbeitung gut planen und strukturieren, vor allem auf den Ebenen, die Auszubildenden besonders wichtig sind.
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