Nicht nur Unternehmen, auch Hochschulen stehen in diesem Spannungsfeld: Geeignete Mitarbeiter zu finden ist schwierig, sowohl bei internen als auch bei externen Stellenbesetzungen. Im Bereich des wissenschaftlichen Personals schaffen viele Hochschulen daher seit einigen Jahren Open-Topic-Ausschreibungen bzw. -Stellen. So wollen sie vorhandene Forschungsprofile stärken, innovative Forschungsansätze fördern und den Mitarbeitern ein attraktives Jobpaket anbieten.
Mitarbeitergewinnung zu Zeiten des Fachkräftemangels
Open-Topic bedeutet dabei, dass die Stellen ohne Widmung bzw. Arbeitsthema bereitgestellt werden. Die größte Rolle spielen dabei Angebote, die Finanziers außerhalb der Hochschulen bereitstellen. Diese fördern sowohl Nachwuchswissenschaftler als auch etablierte Forscher. Immer stärkere Bedeutung gewinnt dabei die Forschungsförderung der Europäischen Union (Horizon 2020), die ebenfalls einzelne Wissenschaftler fördert, beispielsweise mit sogenannten ERC-Grants. Daneben existieren diverse Stiftungen, die Forschung und Forscher an den Hochschulen finanzieren. Allen Förderprogrammen gleich ist die Gewährung aufgrund einer überzeugenden Themenstellung und des Potenzials durch den Antragsteller und der Zusage einer aufnehmenden Hochschule.
Open-Topic-Konzepte im Hochschulwesen
Bereits vor mehr als sieben Jahren, im Jahr 2013, wurden erste Open-Topic-Ausschreibungen erprobt. Damals wurden an der TU Dresden bis zu zehn sogenannte Open-Topic-Professuren ausgeschrieben. Dies war Teil des Aktionsfelds „People“, des Zukunftskonzepts der TU Dresden, das im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder finanziert wird. Ziel dieses Aktionsfelds ist, die besten Köpfe auf allen Karrierestufen – vom Studenten über den Nachwuchsforscher bis hin zum weltweit anerkannten Wissenschaftler – zu gewinnen.
Die Professuren waren zunächst auf fünf Jahre befristet zu besetzen. Nach einer positiven Evaluierung der Leistung war die Entfristung (Tenure Track) vorgesehen. Eine extern besetzte Findungskommission war beauftragt, die besten Kandidaten auszuwählen sowie externe Gutachten einzuholen. Die Resonanz auf dieses Verfahren war überwältigend. Mehr als 1.300 Bewerbungen, davon rund 500 aus dem Ausland, gingen bei der TU Dresden ein. Rund ein Viertel der Bewerber war weiblich. Die Bewerber kamen aus allen Fachrichtungen: etwa die Hälfte aus den Naturwissenschaften und der Medizin, rund ein Drittel aus den Geisteswissenschaften, der Rest aus den Ingenieurwissenschaften.
Die Findungskommission stellte zunächst eine engere Auswahl von 26 Kandidaten zusammen. Zu jedem dieser Kandidaten holte sie mindestens sechs externe Gutachten ein. Zudem lud sie sie zu einem Gastaufenthalt in Dresden ein, der dem gegenseitigen Kennenlernen diente. Die externen Gutachten sowie die Stellungnahmen der Fakultäten, die die ausgewählten Kandidaten schließlich beriefen, bildeten die Grundlage für die Entscheidung der Findungskommission zur abschließenden Empfehlung.
Positive Effekte von Open-Topic-Konzepten
Neben der bereits genannten Bewerberresonanz zeigt die fachliche Breite der berufenen Professoren die positiven Effekte des Verfahrens – die Widmungen der besetzten Professuren reichten von „Rechts- und Verfassungstheorie“ über „Medienwissenschaft und Neuere Deutsche Literatur“ bis zu „Laserstrukturieren in der Fertigungstechnik“.
Ebenso spricht die Adaption des Konzepts durch andere Hochschulen für den Erfolg des Instrumentariums. Im Rahmen des Bund-Länder-Programms zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses hat beispielsweise die Universität Potsdam die Einrichtung von vier Zukunftsprofessuren geplant. Diese sind jeweils einer Fakultät zugeordnet und innerhalb dieser thematisch offen.
Ein weiteres Beispiel bietet die Universität Hamburg. Eine ihrer Maßnahmen im laufenden Förderprogramm „Exzellenzstrategie“ ist die Einrichtung von drei Open-Topic-Professuren. Dadurch möchte sie Profilinitiativen stärken, die sich mit dieser Förderung zu Potenzialbereichen weiterentwickeln sollen.
Ein weiteres Zeichen für den Erfolg der Open- Topic-Professuren ist, dass der Wissenschaftsrat – eines der wichtigsten wissenschaftspolitischen Beratungsgremien in Deutschland – in seinen Empfehlungen zu „Karrierezielen und Karrierewegen an Universitäten“ diese neue Form der Berufung aufgenommen hat.
Open-Topic: Erfolgversprechend auch für Unternehmen?
Die Einführung eines Open-Topic-Programms kann auch in Unternehmen das bestehende Recruiting-Instrumentarium ergänzen. Von den Bewerbern sollte neben den üblichen Bewerbungsunterlagen ein Kurzkonzept gefordert werden. In diesem skizzieren sie, welche Maßnahmen und Ideen sie im Unternehmen umsetzen wollen und welches zusätzliche Budget sie gegebenenfalls hierfür benötigen. Thematische Einschränkungen sollten möglichst gering gehalten werden.
Eine Ausgestaltungsmöglichkeit des Programms ist eine Befristung der Stellen mit Option auf Entfristung bei positiver Evaluierung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Hierbei sollten klare Evaluierungsregeln bzw. -verfahren im Vorfeld definiert werden, um Transparenz und Verlässlichkeit aus Sicht der Bewerber sicherzustellen.
Damit das Instrument auch dazu geeignet ist, Bewerber zu gewinnen, die mit neuen Ideen das Unternehmen bereichern, ist es wichtig, die Balance zwischen der Einbeziehung der Fachabteilungen – deren Know-how für die Umsetzung der Maßnahmen benötigt wird und in der die neuen Mitarbeiter später integriert werden – und einer möglichst übergreifenden Personalauswahl, zum Beispiel durch ein Gremium mit externen Beteiligten, herzustellen.