Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Mental Health als einen Zustand des Wohlbefindens, in dem ein Individuum seine eigenen Fähigkeiten verwirklicht, mit den normalen Belastungen des Lebens fertig wird, produktiv arbeitet und einen Beitrag zur Gemeinschaft leisten kann – folglich ein integraler und essentieller Bestandteil von Gesundheit.
Wie stark diese Erkenntnisse bereits in den Unternehmen angekommen sind, zeigt eine repräsentative Umfrage der ias-Gruppe unter Entscheiderinnen und Entscheidern im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) – darunter Vorstände, Geschäftsführungen, Betriebsräte, Personaler und Gesundheitsverantwortliche – zur jetzigen und zukünftigen Bedeutung von mentaler Gesundheit.
Das Thema mentale Gesundheit wird von mehr als der Hälfte der Befragten sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld als gleich wichtig eingestuft. Als ein ausschließlich berufliches Thema schätzte es keine der befragten Personen ein. Zukünftig erwarten Entscheiderinnen und Entscheider in den Unternehmen, dass das Thema Mental Health für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Bedeutung gewinnen wird (siehe Grafik).
Um psychische Gesundheit dauerhaft zu erhalten, können Unternehmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Führungskräfte heute schon viel tun.
Führungskräfte haben wichtige Rolle
Führungskräfte haben eine wichtige Multiplikatorenfunktion. Zum einen ist ihr Führungsverhalten selbst ein wesentlicher Faktor für den Erhalt der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wird deshalb in der Regel auch im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen berücksichtigt. Zum anderen haben Führungskräfte Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Und sie haben immer auch eine Vorbildfunktion.
Daher ist es sinnvoll, die Entwicklung der Führungskräfte besonders in den Fokus zu rücken und sie als zentrale Multiplikatoren dazu zu befähigen, die sich ergebenden Handlungsspielräume im Sinne einer gesunden und menschengerechten Organisationskultur zu gestalten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten mit ihrer Kompetenzentwicklung intensiv an diesen Prozessen teilhaben.
Wie entwickeln sich die Themen Führung und mentale Gesundheit?
Die Anforderungen an die Selbstorganisation, die (digitale) Kommunikation und die Zusammenarbeit beispielsweise in hybriden Teams sind im Zuge des rasanten Wandels der Arbeitswelt weiter gestiegen. Es ergeben sich neue, drängende Fragen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen von ihren Führungskräften passende Antworten darauf. Voraussichtlich wird auf die Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen mit einer zunehmenden Flexibilisierung der Primär- und Sekundärprävention reagiert. Die Entwicklungen betreffen Menschen und Organisationen je nach Branche oder Tätigkeit auf unterschiedliche Weise, das heißt, es werden bedarfsgerechte, passgenaue Maßnahmen benötigt. Die Bedeutsamkeit der mentalen Gesundheit rückt dabei weiter in den Fokus. Letztlich werden Gesundheit und Leistungsfähigkeit idealerweise interdisziplinär und als Ganzes betrachtet.
Herausforderungen für Mitarbeitende
Manche Beschäftigte kommen mit dem Digitalisierungsschub gut klar, andere nicht – manche sehen viele Vorteile beim Arbeiten im Homeoffice, anderen fehlt dabei der soziale Kontakt. Wie Menschen mit der veränderten Arbeitssituation zurechtkommen, ist individuell. Krisen erzeugen Stress und Bedrohungs- und Überforderungsgefühle. Emotionale Reaktionen, Gedanken und Sorgen sind in dieser Situation normal. In Krisen sind wir nur eingeschränkt handlungsfähig – Flucht, Angriff und Starre sind die häufigsten Reaktionsmuster. Krisen erfordern immer schnelle Bewältigungsstrategien.
Absprachen, Unterstützung, Empathie und Rücksichtnahme sind die Schlüssel. Ambivalente Gefühle sollten nicht ignoriert oder unterdrückt werden. Über Gefühle zu sprechen hilft, mit Herausforderungen besser umzugehen, und gibt Sicherheit. Auch ist es wichtig zuzuhören. Jeder Mensch möchte Situationen verstehen, analysieren und für sich selbst bewerten, aber auch, dass auf seine individuellen Sorgen eingegangen und er gehört wird.
Julia Hodgson-Kastien und
Janina Klinger, beide ias-Gruppe