Elmar Kornfeld steht vor einem Problem. Es ist Monatsende, und der 46 Jahre alte Buchhalter soll die Gehälter des Mittelstandsunternehmens Seiffrath GmbH abrechnen. Die Seiffrath GmbH ist Mandant der Steuerkanzlei, für die Kornfeld arbeitet. Das Problem ist, dass die übermittelten Daten unvollständig sind. Kornfeld hat es mehrmals überprüft. In der Excel-Liste fehlen die lohnrelevanten Daten von vier Mitarbeitern von Seiffrath. In diesem Fall gibt es nur eine Lösung: Buchhalter Elmar Kornfeld muss den ohnehin schon aufwendigen Prozess weiter in die Länge ziehen und seinen Ansprechpartner bei Seiffrath bitten, die Excel-Tabelle mit den Lohnangaben erneut zu übermitteln. Dieses Mal bitte korrekt und vollständig.
In zahlreichen deutschen Steuerberatungen und Kanzleien ist das, was Elmar Kornfeld erlebt, bitterer Alltag. Unvollständige Angaben, unkorrekte Werte, fehlerhafte Übermittlungen, fehlende Daten. Damit bekommen es Steuerexperten und Lohnbuchhalter in Deutschland fast täglich zu tun. Der Buchhalter Kornfeld in unserem obigem Beispiel ist zwar fiktiv. Der manuelle Aufwand, den er regelmäßig betreiben muss, um zuverlässige Lohnabrechnungen zu erstellen, ist dagegen nur allzu real.
Steuern und Stammdaten – eine Herausforderung
Das Thema Steuern würden die meisten Menschen am liebsten vermeiden. Nicht nur Privatpersonen, die jedes Jahr mühselig ihre Steuererklärung machen. Auch Verantwortliche in Unternehmen würden das Thema Steuern gern umschiffen.
Und das tun sie auch fleißig: Zahlreiche mittelständische Unternehmen lagern ihre Lohnabrechnung oder gar ihre gesamte Buchhaltung an externe Dienstleister aus. Das kann unterschiedliche Gründe haben. Etwa weil Unternehmen professionelle Unterstützung bei der Abrechnung benötigen, denn kompetente Mitarbeiter auf diesem Gebiet sind nicht einfach zu finden.
Ein weiterer Grund: Firmen fehlt oft schlichtweg die Zeit für die Lohnabrechnung, weswegen sie die Buchhaltung outsourcen, um sich verstärkt auf das Kerngeschäft konzentrieren zu können.
Digitale Workflows sind gefragt
Damit aber die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und externen Dienstleistern funktioniert, braucht es digitale Workflows. Nicht nur das. Zwischen Kanzleien und deren Mandanten muss der Austausch von lohnrelevanten Informationen wie Stammdaten und Bewegungsdaten sichergestellt sein. Werden nämlich Lohnabrechnungsdaten unvollständig übermittelt, führt dies zu Fehlern in der Entgeltabrechnung.
Für Sandra Weigert, Geschäftsführerin der Unternehmensberatung Weigert + Kunde, steht fest, dass es heute grundsätzlich im deutschen Mittelstand gut funktionierende digitale Workflows zwischen Unternehmen und Kanzleien gibt. Weigert, die sich auf Benchmarking in Steuerkanzleien spezialisiert hat, schränkt jedoch ein: „Voraussetzung dafür ist zum einen der Digitalisierungsgrad innerhalb der Steuerkanzlei. Zum anderen ist auch der Digitalisierungsstand beim Mandanten entscheidend.“
Dabei wirken bei der Digitalisierung oft die externen Dienstleister als „Anstupser“ in den deutschen Mittelstand hinein. Weigert erklärt: „Aus unseren Benchmarkingkanzleien können wir berichten, dass die Mitarbeiter die digitalen Workflows bevorzugen und deshalb auch die Umstellung bei den Mandanten forcieren. Erst neulich hat ein Teilnehmer berichtet, dass seine Kanzlei in den vergangenen Monaten 70 Schnittstellen bei Mandanten realisiert habe – und das war nur im Bereich Lohn.“
Die schlimmste Konstellation sei es, so Weigert, wenn der Mandant digital arbeiten wolle, sein Steuerberater allerdings digital nicht mithalten könne. Leider gebe es in der Branche immer wieder Fälle, weshalb Mandanten genau aus diesem Grund zu Kanzleien wechselten, die digital besser aufgestellt sind.
Software und Schnittstellen sind entscheidend
Bei der arbeitsteiligen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Steuerbüros kommt es also auf digitale Augenhöhe an. Dabei sorgen vor allem Schnittstellen für durchgängige Prozesse zwischen den Parteien. So kann etwa für die Lohn- und Gehaltsabrechnung eine geeignete HR-Software via Standardschnittstelle an Lohnbuchhaltungsprogramme angedockt werden.
Kanzleiexpertin Sandra Weigert führt dazu aus: „Beim Einsatz von HR Software geht es vor allem um die Bereitstellung digitaler Informationen vom Mandanten an die Kanzlei. Bei vielen HR-Programmen können Kanzleien auf bestimmte Bereiche der HR-Software zugreifen und ersparen dem Mandanten somit Aufwand zur Doppelerfassung oder -übermittlung.“
Schließlich haben beide Seiten ein Interesse an weniger Aufwand:
- Mittelständische Unternehmen können sich durch den automatischen Export der abrechnungsrelevanten Lohndaten wieder vermehrt ihren strategischen und wertschöpfenden Aufgaben widmen.
- Kanzleien und Steuerbüros wiederum arbeiten durch die nahtlose Integration effizienter und erhalten dadurch womöglich die Chance, mehr Mandanten zu bedienen. Schnittstellen zwischen den verschiedenen Systemen sorgen also sowohl unternehmensseitig als auch bei Lohnsteuerbüros für eine höhere Prozessqualität.
Würde Elmar Kornfeld so arbeiten können, also statt handgemachter Excel-Tabellen die Daten über eine Standardschnittstelle zur Verfügung gestellt bekommen, hieße das für ihn: kürzere Kommunikationswege, bessere Datenqualität und optimierte Arbeitsabläufe.
Und weil Kornfeld den Mehrwert erkannt hat, den HR-Software bei seinen Mandanten stiftet, hat er in seiner Kanzlei nun ebenfalls die Einführung einer HR-Software angeregt.