Die Nachfrage nach HR-Fachkräften nähert sich ein Jahr nach dem Beginn der Coronapandemie weiter langsam dem Vorkrisenniveau an. Das zeigen unter anderem Zahlen aus dem Hays-Fachkräfteindex. Dort lag der Wert für die Nachfrage nach HR-Experten im vierten Quartal 2020 bei 111 Indexpunkten – das waren 17 Punkte mehr als im dritten Vierteljahr. Der Wert lag damit erstmals wieder oberhalb der 100-Punkte-Marke. Das entspricht der Nachfrage des Jahres 2015. Zum Vergleich: Im vierten Quartal 2019, dem letzten vollständigen vor der Krise, lag der Wert noch bei 162; ein weiteres Jahr davor sogar bei 203 Indexpunkten. Der Fachkräfteindex basiert auf einer Auswertung der index Internet und Mediaforschung GmbH für den Personaldienstleister Hays. Das Unternehmen bezieht in seinen Index Stellenanzeigen der meistfrequentierten Onlinejobbörsen sowie von Tageszeitungen und der Businessnetzwerke Xing und Linkedin ein.
„Damit fragt der Index allerdings nur einen Teil des Marktes ab“, gibt Florian Wagner zu bedenken. Wagner leitet bei Hays die HR-Unit und kennt daher auch den nicht abgefragten Teil. Das seien zum einen jene Stellen, die nicht mehr explizit ausgeschrieben werden – insbesondere solche, bei denen bestimmte, stark nachgefragte Spezialisten gesucht werden. „Wir suchen für unsere Kunden zum Beispiel viele Kandidatinnen und Kandidaten, die über Querschnittskompetenzen verfügen, um in Digitalisierungsprojekten ihr Wissen aus HR und IT einbringen zu können“, erklärt Wagner. „Die erreicht man über herkömmliche Stellengesuche kaum noch.“
Zum anderen seien Mitarbeiter nicht Teil des Indexes, die nicht im Rahmen einer klassischen Festanstellung tätig sind. Das umfasst Angestellte, die im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassungen arbeiten, sowie solche, die als Freelancer auf Projektbasis arbeiten.
Digitalisierungsprojekte boomen
Als es im Frühjahr 2020 mit der Pandemie losging, sank Wagner zufolge nicht nur die im Index erfasste Nachfrage nach Personalerinnen und Personalern. Unternehmen hätten seinerzeit – wenig überraschend – fast alle HR-Projekte, etwa im Bereich Organisationsentwicklung, gestoppt. Im vierten Quartal 2020 nahmen sie sie wieder auf. „Gerade Digitalisierungsprojekte sind natürlich in den vergangenen Monaten verstärkt in Angriff genommen worden“, ergänzt Wagner. „Aber auch der Aufbau eines HR-Controllings, das in vielen Unternehmen fehlt, wird mancherorts jetzt angegangen.“ Insgesamt ist seine Einschätzung daher auch positiver als die Zahlen des Indexes: „Vom Gefühl her sind wir fast wieder auf dem Niveau von vor Ausbruch der Pandemie.“ Für einige Positionen unterstützen die Zahlen dieses Gefühl. So lag die Nachfrage nach HR-Managern und Businesspartnern im vierten Quartal 2020 sogar höher als im Jahr davor, während etwa Employer-Branding-Manager nur halb so viel nachgefragt wurden wie vor der Krise. Das hat sich in den ersten Monaten 2021 nochmals gesteigert. „Gerade in den Bereichen Employer-Branding und Recruiting sehen wir aktuell große Nachholeffekte seitens der Unternehmen“, sagt Wagner. „Wo vor Monaten noch ein strikter Einstellungsstopp herrschte, werden Unternehmen – natürlich branchenabhängig – wieder zuversichtlicher.“
Auch ein Blick auf die einzelnen untersuchten Branchen zeigt, dass sich die Nachfrage nicht überall gleich stark erholt hat. So lag sie etwa im verarbeitenden Gewerbe, in IT-Unternehmen und bei Personaldienstleistern weiterhin deutlich unter dem Vorjahresniveau, während im Handel der Fachkräfteindex lediglich 3 Punkte niedriger lag als im vierten Quartal des Vorjahres. Die öffentliche Verwaltung hatte sogar deutlich mehr HR-Stellen ausgeschrieben als unmittelbar vor der Krise oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt seit Aufzeichnungsbeginn. Die 295 Indexpunkte hier bezeugen eine knapp dreimal so hohe Nachfrage nach Personalerinnen und Personalern wie im ersten Quartal 2015.
Markt auf Erholungskurs
Insgesamt glaubt Wagner an eine weitere Erholung des Marktes – und eine Fortsetzung von Trends, die schon vor der Pandemie eingesetzt hatten. „Corona war für viele Themen ein Katalysator, der Wandel fand ohnehin statt, nur langsamer“, sagt er. Er ist sich zum Beispiel sicher, dass auf absehbare Zeit Personaler und Personalerinnen stark nachgefragt bleiben werden, die IT-Prozesse verstehen.