New Work steht für Veränderungen in der Arbeitswelt und als Sammelbegriff für eine Vielzahl moderner Arbeitsmethoden, die zunehmend in der Managementpraxis angewendet werden. Wenngleich New Work viel diskutiert wird, gibt es dazu in der wissenschaftlichen Literatur bisher keine eindeutige Definition. Lediglich die populärwissenschaftliche Beraterliteratur widmet sich ausgiebig dem Thema und bietet teils deutlich voneinander abweichende Begriffsdefinitionen an.
Was ist New Work?
Der Begriff New Work wurde von Sozialphilosoph Frithjof Bergmann Mitte der 1970er Jahre geprägt. Bergmann kritisierte die fehlende Selbständigkeit, Freiheit und Teilhabe im Arbeitsumfeld in den USA und forderte weniger Last, mehr Freiheit und Selbstentfaltung für Mitarbeiter.
Aufgrund des aktuellen Fachkräftemangels und der Generation Y, die nach neuen Werten lebt, sind Bergmanns Theorien hochaktuell. Übertragen auf die heutige Arbeitswelt – verbunden mit kürzeren Innovationszyklen, Digitalisierung und größerer Unsicherheit – kann New Work Zielbild möglichst großer Freiheit und Selbstentfaltung sein, die mit neuen digitalen Raum-, Organisations- und Führungskonzepten erreicht werden soll.
Zwei Trends treiben den Wandel voran
Zwei Haupttreiber des gesellschaftlichen Wandels tragen in besonderem Maße zur Notwendigkeit von New-Work-Konzepten bei: Digitalisierung und Individualisierung. Ein Haupttreiber des Wandels ist der IT-Einsatz zur Automatisierung von Unternehmensprozessen sowie deren stärkerer Vernetzung. Damit wird die Sicherstellung entsprechender digitaler Kompetenzen der Belegschaft eine immer größere Herausforderung, denn voranschreitende Digitalisierung erfordert eine Aufwertung von Kompetenzen (Upskilling) der Mitarbeiter. Sie sollen in die Lage versetzt werden, eigenverantwortlich und selbstorganisiert Tätigkeiten zu übernehmen und dabei gewonnene Daten in Verbesserungsprozessen zu nutzen. Insbesondere für Führungskräfte bedeutet die Digitalisierung eine Hinwendung zur Führung über digitale Medien.
Mit zunehmender Digitalisierung können viele Prozesse remote – zeitlich und örtlich flexibel – gesteuert werden. Diese Entgrenzung von Arbeit beeinflusst das Arbeitsumfeld von Beschäftigten. Mehrere Studien zeigen, dass Remote Work Mehrarbeit fördert und Arbeitnehmer mit größerem Handlungsspielraum und mehr Termindruck diese Option häufig als zusätzliche Arbeitszeit nutzen.
Ein weiterer wichtiger Treiber des Wandels ist die Individualisierung. Diese findet sowohl auf Seiten der Kunden als auch auf Seiten der Mitarbeiter statt. Das stellt Organisationen vor neue Herausforderungen. Die Berücksichtigung individueller Kundenbedürfnisse stellt eine Herausforderung dar, auf die Unternehmen zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit reagieren müssen zu Lasten von Prozessstandardisierung, Skaleneffekten und Einfachheit. Der Trend setzt sich auf Mitarbeiterseite fort, indem stark unterschiedliche Präferenzen in Bezug auf Gehalt, Arbeitszeit und Aufgaben verhandelt werden müssen. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels stehen Unternehmen dadurch immer stärker unter Druck.
Lösungsansätze von New Work
Der Lösungsansatz, den New Work inmitten der Herausforderungen sich wandelnder Rahmenbedingungen bietet, ist multifaktoriell und erstreckt sich von der Umgestaltung der Organisationsstrukturen über ein verändertes Führungsparadigma bis hin zur Personalentwicklung. In Bezug auf Organisationsstrukturen bedeutet New Work Flexibilität und Agilität. Menschen arbeiten in fluiden Teams, die sich zusammensetzen, eine Aufgabe lösen, sich auflösen und neu zusammensetzen. Organisationen werden fluider und ändern permanent ihre Form. Sie sind zunehmend mit ihrer Umwelt vernetzt. Fluide Organisationen sind aus der Leistungskultur heraus entstanden und basieren auf dem verantwortungsvollen Umgang mit allem, was dem Einzelnen in der Organisation anvertraut ist.
Dreh- und Angelpunkt in fluiden Organisationen ist die Rollenverantwortung als Gegenpol zur top-down zugeordneten Aufgabenverantwortlichkeit. Mit der Vielschichtigkeit von Rollen und der daraus entstehenden Verantwortung des Einzelnen muss sich die Führungshaltung verändern, und die Personalentwicklung gewinnt an Bedeutung.
Im Sinne einer New-Work-Führungskultur wird zur Leistungsförderung ein anderer Ansatz verfolgt als im klassischen Performancemanagement. Der Vorgesetzte hat nicht mehr die Führungsrolle inne und gibt Mitarbeitern keine Aufträge mehr, sondern Rollen können sich je nach Bedarf wandeln. Das Konzept fluider Rollen ist eng verknüpft mit dem Begriff „Empowerment“, was als Übertragung von Verantwortung und Freiräumen verstanden wird, um die Autonomie und Mitbestimmungsmöglichkeiten von Mitarbeitern zu erweitern.
Strukturelles und psychologisches Empowerment
Beim Empowerment kann zwischen strukturellem und psychologischem Empowerment unterschieden werden. Während das strukturelle Empowerment die Organisation und deren Struktur in den Fokus rückt, konzentriert sich die psychologische Perspektive auf das Individuum mit seinen Wahrnehmungen, Gefühlen und Gedanken. Menschen, die sich psychologisch empowert fühlen, erleben mehr Autonomie, sie trauen sich ihre Arbeitsaufgaben zu, erachten ihre Tätigkeit als sinnvoll und sind überzeugt, dass ihre Arbeit etwas bewirken kann. Je stärker die Ausprägung des psychologischen Empowerments und der Freiräume im Schaffen ist, desto zufriedener sind die Mitarbeiter mit ihrer Arbeit. Mit fluiden Rollen ist Mut seitens der Unternehmensleitung und der Führungskräfte nötig, um Fehler zuzulassen und das initiale Risiko durch mehr Freiraum und Verantwortung bei den Mitarbeitern gelassen zu akzeptieren.
Anforderungen an Personaler
Das Rollenkonzept in fluiden Organisationen stellt Anforderungen an die Personalentwicklung. Die HR-Abteilung muss Mitarbeiter in ihren vielschichtigen Rollen begleiten und unterstützen. Lernprozesse werden aufgrund von kürzeren Innovationszyklen und größerer Unsicherheit wichtiger. Idealerweise bilden sich Mitarbeiter im New-Work- Konzept selbst fort, indem sie ihre Lernprozesse selbst initiieren. Die Rolle der Personalentwicklung ist, sie bei der Analyse von Entwicklungsfeldern zu unterstützen und Ressourcen bereitzustellen.
Das New-Work-Konzept ist kein alter Wein in neuen Schläuchen und auch kein hippes Buzzword. Wollen Unternehmen sich den veränderten Anforderungen stellen, müssen sie umdenken und ihre Organisation, Führung und Personalentwicklung umgestalten. Dazu muss New Work in den Köpfen von Entscheidern und Personalabteilungen ankommen und professionalisiert werden.