Das Arbeitsaufkommen in Personalabteilungen ist nicht immer gleich hoch. Auch sind die Aufgaben ungleich verteilt: Mal sind die HRler beim Recruiting überlastet, mal beim Onboarding oder bei der Abstimmung mit Fachabteilungen. Häufig kann die Personalabteilung diese Wellen innerhalb der eigenen Abteilung oder auch mit Unterstützung aus dem eigenen Unternehmen auffangen. Wenn das nicht gelingt, kann Recruitment Process Outsourcing (RPO) helfen.
Was ist RPO?
Beim RPO lagern Personalabteilungen ihre gesamten HR-Aufgaben oder Teile davon an externe Dienstleister aus. Die Gründe dafür sind vielfältig: Meist mangelt es an Ressourcen, oder es sind schlichtweg zu viele Aufgaben auf dem Tisch.
Bedingt durch den Fachkräftemangel, hat RPO in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen, auch weil Fachkräfte der Generation der Baby-Boomer aus den Unternehmen ausscheiden und nur wenige Talente nachrücken. In diesem Fall kann RPO helfen. Dabei geht es nicht nur darum, kurzfristig einzelne Stellen zu besetzen. Vielmehr möchten Unternehmen durch RPO langfristig ihre strategische Personalarbeit verbessern. Das bedeutet auch, dass Prozesse effizienter werden. Dadurch wird das Employer-Branding gestärkt und Stellen können schneller besetzt werden.
RPO – die goldene All-in-one-Lösung?
Im Fokus der Personalarbeit sollte immer eine optimale Candidate-, Onboardee- und Employee-Experience stehen. Das gelingt durch externe Unterstützung auch in Spitzenzeiten. Zudem können Unternehmen durch den Einsatz von RPO langfristig Kosten sparen. Aussagekräftige Analysen der Dienstleister helfen dabei, Stolpersteine aus dem Weg zu räumen und bisher unentdeckte Talente aufzuspüren. Die Dienstleistung RPO ist gerade in Zeiten des Fachkräftemangels von unschätzbarem Wert, vor allem, weil sie flexibel zum Einsatz kommen kann. Mit flexibel ist in diesem Fall nicht nur die zeitliche Komponente gemeint, sondern auch die Art der Zusammenarbeit.
Dennoch dürfen Unternehmen vom Auslagern von Tätigkeiten an eine externe Agentur keine Wunder erwarten, denn beim Ersteinsatz ist zunächst ein höherer Abstimmungsaufwand erforderlich, um Bedürfnisse und Erwartungen des Unternehmens zu klären.
Es gibt drei verschiedene Arten von RPO:
- End-to-end RPO: komplette Auslagerung der Recruitingprozesse
- selektives RPO: Auslagern von Teilprozessen des Recruitings
- projektbezogenes RPO: Die Dienstleistung kommt nur für einen kurzen Zeitraum, aber dafür mit allen Aufgaben zum Einsatz. Dies geschieht meistens, wenn ein Unternehmen eine spezielle Schlüsselposition besetzen möchte.
Wie sieht ein RPO-Prozess in der Praxis aus?
Der Einstieg einer jeden „RPO-Reise“ beginnt mit einer gemeinsamen Kick-off-Veranstaltung. Dabei besprechen die Beteiligten den Unterstützungsbedarf der Personalabteilung und planen den Projektablauf. Häufig treffen sich hier alle Projektmitarbeiter und -mitarbeiterinnen zum ersten Mal. Dabei haben sie die Möglichkeit, einen Eindruck von der Arbeitsweise und Kultur des jeweils anderen Unternehmens zu gewinnen.
Nachdem sich alle Beteiligten auf einen Projektplan verständigt haben, erhält das RPO-Team Zugriff auf das Bewerbermanagementsystem der Personalabteilung. Eine detaillierte Vereinbarung zur Auftragsverarbeitung stellt eine datenschutzkonforme Zusammenarbeit sicher. Die externen Bearbeiterinnen und Bearbeiter nehmen sich daraufhin Zeit, das System, die zeitliche Abfolge von Statuswechseln sowie die hinterlegten Korrespondenzvorlagen nachzuvollziehen, und überprüfen sie hinsichtlich möglicher Optimierungen.
Die täglichen Doings variieren je nach Anforderung der Personalabteilung. Häufig beginnt die Arbeit mit Stellenausschreibungen. Hierfür stellt die Personalabteilung die Aufgaben und das Anforderungsprofil der Position zur Verfügung. Das RPO-Team kann die Stellenausschreibung lektorieren, sie auf Konformität mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) prüfen, sie in die Stellenanzeigenvorlage des Kunden einpflegen sowie auf den besprochenen Kanälen publizieren.
Anschließend startet das eigentliche Bewerbungsmanagement. Das RPO-Team überprüft die eingehenden Bewerbungen auf Vollständigkeit und fordert fehlende Unterlagen an. Sobald die Bewerbungsunterlagen komplett sind, leitet es diese mit einer kurzen Zusammenfassung der Bewerbung an die Personalabteilung oder direkt an den Fachbereich. Optional kann das RPO-Team auch ein ABC-Ranking vergeben, um HR oder dem Fachbereich eine erste Vorselektion abzunehmen oder nach Absprache bestimmter Ausschlusskriterien eigenständig Absagen zu verschicken. Diese Vorgehensweise kann der Personalabteilung oder dem Fachbereich viel Zeit ersparen, gerade wenn für bestimmte Stellen eine konkrete Qualifikation unabdingbar ist.
Anschließend versendet das RPO-Team Zwischenbescheide, tauscht sich mit der Personal- oder Fachabteilung aus, um Feedbacks zu einzelnen Bewerbungen einzuholen, und kann erste (Telefon-)Interviews zu Rahmenbedingungen führen, wie dem frühestmöglichen Starttermin, der Wechselmotivation, den Gehaltsvorstellungen, spezifischen Sprachkenntnissen oder um einen ersten Eindruck von der Persönlichkeit zu gewinnen. Alternativ ist auch möglich, dass es den Recruitingprozess komplett übernimmt, beispielsweise in Form eines Interimsrecruitings samt Übernahme von Vorstellungsgesprächen zusammen mit dem Fachbereich und des Erstellens von Arbeitsverträgen.
Sobald am Ende des Bewerbungsmanagements die Position besetzt ist, deaktiviert das RPO-Team die Stelle im System und auf den verschiedenen Veröffentlichungskanälen. Zudem sagt es den noch verbleibenden Bewerberinnen und Bewerbern ab oder nimmt sie in einen Talentpool auf.
Lara Jagdmann, Team Marketing, d.vinci