Immer mehr Unternehmen machen die unangenehme Erfahrung, dass neue Mitarbeiter sich „in Luft auflösen“ können. Trotz des unterschriebenen Vertrags erscheinen die Mitarbeiter – bzw. diejenigen, die es werden sollten – am ersten Arbeitstag nicht. Sie haben es sich anders überlegt, sie bleiben im bisherigen Job oder haben ein besseres Angebot bekommen. Die Gründe für den Vertragsbruch sind vielfältig. Den vermeintlichen neuen Arbeitgeber wenigstens darüber zu informieren ist wünschenswert, aber für manch ein Talent nicht selbstverständlich.
Ein Preboardingprozess, also Maßnahmen vor dem ersten Arbeitstag, kann ein Ansatz sein, das Risiko eines Vertragsbruchs zu minimieren. Wer im Kontakt mit den künftigen Mitarbeitern steht, kann diese frühzeitig integrieren oder zumindest einen Sinneswandel mitbekommen.
Eine weitere Herausforderung für HR stellt die hohe Wechselbereitschaft und somit schwierige Bindung von Mitarbeitern der Generationen Y und Z dar. Diese jungen Talente verlassen Unternehmen früher als ältere. Die entstehenden Vakanzen binden personelle Kapazitäten bei Führungskräften und in der Personalabteilung. Zudem sind sie ein Kostenfaktor.
Ein erfolgreiches Onboarding ist zwar kein Garant, dass die Mitarbeiter lange bleiben. Wenn aber das Onboarding nicht gelingt und sich die Mitarbeiter von Anfang an nicht willkommen oder als Teammitglied fühlen oder das Unternehmen und seine Kultur ihnen fremd bleiben, dann sind die Grundsteine für ein baldiges Gehen gelegt.
Befragungen zu den ersten 100 Tagen von Mitarbeitern sowie Erfahrungsberichte lassen aufhorchen. Zu hören sind dabei Aussagen wie „Es wusste niemand, dass ich anfange“, „Es war nichts vorbereitet“ und „Man hat mich erst einmal irgendwie beschäftigt, da niemand Zeit für mich hatte“. Diese ersten Eindrücke lassen sich kaum korrigieren; der Start ist misslungen.
Die Integration neuer Mitarbeiter in das künftige Arbeitsumfeld bedarf des Augenmerks der Führungskräfte. Zusätzlich herausfordernd wird das Onboarding, wenn neue Mitarbeiter und ihre neuen Kollegen nicht vor Ort sind. Onboarding in Zeiten von Homeoffice und mobilem Arbeiten hat jedoch in den Zeiten der Pandemie zahlreiche Impulse erhalten. Ein digitales Onboarding unterstützt nicht nur die Einarbeitung, sondern auch das Socializing.
Maßnahmen für einen guten Start
Onboarding startet vor dem ersten Arbeitstag
Zwischen der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags und dem ersten Arbeitstag können mehrere Wochen bis Monate liegen. Eine Zeit, die genutzt werden kann und sollte, um künftige Mitarbeiter mittels allgemeiner Informationen wie beispielsweise Newslettern einzubinden. Auch Einladungen zu Tagen der offenen Tür, Messen oder Freizeitevents des künftigen Teams bieten die Möglichkeit, Kontakte aufzubauen und zu intensivieren. Ansprechpartner in HR und der Fachabteilung sollten für Fragen benannt sein und bei längeren Zeiträumen vor dem Start auch aktiv den Kontakt halten.
Der erste Arbeitstag
Erinnern Sie sich noch an die ersten Arbeitstage bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber? Meist bleiben diese Tage lange in Erinnerung. Begrüßung, Vorstellungen im Kollegenkreis, Kollegen, die wissen, dass man startet und welche Aufgaben vorgesehen sind, ein vorbereiteter Arbeitsplatz – das sind Merkmale eines guten Starts.
Einarbeiten und soziale Integration
Fachlich in den Job kommen und sozial im Arbeitsumfeld ankommen sind zwei wesentliche Ziele der ersten Arbeitsphase. Dieser Zeitraum von bis zu sechs Monaten sollte durch einen Einarbeitungsplan strukturiert sein, der regelmäßig überprüft und angepasst wird. Er beinhaltet auch das Kennenlernen anderer Unternehmensbereiche.
Die soziale Integration können ebenso wie die fachliche Einarbeitung Buddies oder Paten unterstützen. Über sie finden neue Mitarbeiter schneller in soziale Gruppen, sei es beim Morgensport oder beim Team-Lunch. Ebenso können neue Talente in dieser Zweierbeziehung die ungeschriebenen Regeln im Unternehmen oder die Unternehmenskultur thematisieren. Führungskräfte sollten sich in dieser Zeit regelmäßig mit den neuen Mitarbeitern austauschen und gegenseitig Feedback geben.
Digitales Onboarding
Neue Arbeitsverhältnisse waren in den Anfangszeiten der Pandemie für beide Seiten in puncto Onboarding aufgrund der fehlenden Erfahrungen eine große Herausforderung. Mittlerweile sind Dokumente und Prozesse meistens digitalisiert. Mitarbeiter können sich in verschiedenen digitalen Formaten zum offiziellen oder zwanglosen Austausch verabreden. Wichtig ist, dass den neuen Mitarbeitern diese Möglichkeiten nicht nur angeboten werden, sondern dass sie aktiv einbezogen werden.
Prof. Dr. Rupert E. Bardens und Prof. Dr. Achim Weiand,
Hochschule für angewandte Wissenschaften, Neu-Ulm