Pandemie, Klimawandel, Krieg: Eine Krise jagt die andere. Das Gefühl von Angst und Ohnmacht hat sich bei vielen Menschen verstärkt. Das spüren auch die Arbeitgeber. Ihren Unternehmen kommt zunehmend die Rolle eines „sicheren Hafens“ zu, in denen Angestellte Vertrauen spüren können.
Doch nicht alle Arbeitgeber sind auf diese Rolle vorbereitet. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Team von HR-Profis und Sozialwissenschaftlern, das im Auftrag des Technologieunternehmens UKG die Entwicklungen 2022 in der Arbeitswelt reflektiert und die Auswirkungen für Organisationen und HR-Teams bewertet hat. Die Experten blicken in ihrer Studie zudem darauf, welche Megatrends die Arbeitswelt prägen werden.
Ein wichtiger Trend: Ethische Führung wird immer wichtiger. Das haben bereits die Megatrends 2022 gezeigt: Führungskräfte müssen gemeinsame Werte wie Zusammengehörigkeitsgefühl, Vielfalt, Gleichberechtigung, Inklusion und Achtsamkeit für die Umwelt fördern. Der Vorrang des Menschen vor dem Gewinn sowie Kommunikation sind die wichtigsten Elemente des ethischen Führens.
Konkret zeichnen sich für HR drei Herausforderungen für das Jahr 2023 ab: die Bewältigung der „menschlichen Energiekrise“, die Optimierung der organisatorischen Resilienz und der Umgang mit dem Führungsstil der Generation X.
Trend 1: Die menschliche Energiekrise
Psychische Gesundheit war eines der großen Themen während der Pandemie. Viele Menschen litten und leiden unter Ängsten. Sie fühlten sich überfordert, sei es von der Arbeit im Homeoffice, vom Homeschooling, vom Mangel an sozialen Kontakten oder von der ungewissen Zukunft. Hinzu kommen Negativschlagzeilen zu Klimawandel und zum Krieg in der Ukraine. Das hat zu einem sprunghaften Anstieg psychischer Probleme beigetragen. Eine Studie von „Great Place to Work“ über das Wohlbefinden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zeigt, dass weltweit nur 30 Prozent der Menschen ihre Zukunft „sehr optimistisch“ einschätzen.
Nicht alle Stressfaktoren kann ein Unternehmen beeinflussen. Dennoch müssen Arbeitgeber diese „menschliche Energiekrise“ im Auge behalten, da sie sich auf Arbeitsplatzkultur, Mitarbeiterbindung, Leistung und Innovationsfähigkeit auswirkt. Führungskräfte und HR können das Wohlbefinden der Beschäftigten verbessern, indem sie
- deren Grundbedürfnisse berücksichtigen; dazu gehören ein existenzsicherndes Gehalt, Unterstützung bei der Altersvorsorge und großzügige Regelungen bei Betreuungszeiten,
- einem potentiellen Burn-out mit flexiblen Arbeitsplänen und einem angemessenen Arbeitspensum entgegenwirken,
- den Erfolg der Talente honorieren und sie zu eigenständigen Entscheidungen anregen,
- den Beschäftigten einen Sinn in ihrer Rolle vermitteln und ihnen eine berufliche Weiterentwicklung ermöglichen,
in Life-Work-Technologien investieren, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Arbeit unterstützen und eine bessere Vereinbarkeit mit dem Privatleben ermöglichen.
Trend 2: Organisatorische Resilienz
Jede Krise ist auch eine Chance. Das hat die Pandemie gezeigt. Es gab Unternehmen, die gestärkt daraus hervorgingen. Ihr Erfolgsrezept: Sie haben sich auf ihre Talente konzentriert und sich entwickelt, anstatt in Verhaltensmuster aus der Zeit vor der Pandemie zurückzufallen. Das passiert schnell: Auch jetzt holen Unternehmen trotz guter Erfahrungen mit mobilem Arbeiten ihre Angestellten ins Büro zurück, anstatt neue Wege zu gehen.
HR muss auch küftig mit Krisen zurechtkommen. Zudem werden die Angestellten ihre neue Macht infolge des Fachkräftemangels ausreizen. Was hilft, ist Plastizität, eine Kombination aus Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Das erhöht die Resilienz und die Fähigkeit, auf unvorhersehbare Ereignisse zu reagieren.
Dazu müssen Unternehmen
- in ihre Mitarbeiter investieren und ihnen das notwendige Vertrauen schenken, damit diese ihre Arbeit selbstsicher ausführen können,
- ihr Engagement für Diversität, Gleichberechtigung, Inklusion und Zugehörigkeit (DEI&B) verstärken, um die Talentakquisition zu unterstützen und Innovationen zu fördern,
- ein strategisches Personalmanagement etablieren, das die Kompetenzen jedes einzelnen berücksichtigt und neue Wege bei der Talentgewinnung geht.
Trend 3: Führung à la Generation X
Die Generation X (Geburtsjahre 1965 bis 1980) führt anders als die Generation der Baby-Boomer (bis 1964). Viele wurden von berufstätigen Müttern großgezogen, während der Klimakrise erwachsen und sind heute Eltern der Generation Z. Die Generation X ist viel in Führungsetagen vertreten. Sie priorisiert Investitionen in Umwelt, Soziales, Unternehmensführung (ESG) und DEI&B. Dazu
- baut sie Teams auf, die vielfältig sind, sie begreift unterrepräsentierte Gruppen als „Culture adds“ und nicht nur als „Culture fits“,
- stärkt sie das Vertrauen von Kunden und Mitarbeitern, mindert Risiken und schafft langfristig Werte, von denen alle profitieren,
- betrachtet sie die Führungs- und Nachfolgeplanung als ganzheitliches Talentmanagement etwa durch Mentoring und Coaching.
Die HR-Trends 2023 zeigen: Die Herausforderungen im Personalwesen sind groß, bieten aber Chancen für Neues. Die Unternehmen müssen dazu ihre Strategie konsequent auf die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten ausrichten.
Wieland Volkert, Country Manager Central Europe & Netherlands, UKG