Langgediente und junge Talente in verschiedenen Lebensphasen mit unterschiedlichen Biographien und sozialen, ethischen oder religiösen Hintergründe zusammenzubringen fällt vielen Unternehmen schwer. Doch wenn Unternehmen ein zielgerichtetes, von Führungskräften getragenes Diversity Management haben, kann sich das Potential aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – zum Nutzen des Unternehmens – entfalten.
Diversity Management spielt nicht nur eine zentrale Rolle im Wettbewerb um Talente, bei der Stärkung der Mitarbeiterbindung und der Herstellung von Gleichheit und Fairness, sondern es ist auch ein Kriterium, mit dem Unternehmen im Rahmen der ESG-Regulierung bewertet werden. Doch damit Diversity Management funktioniert, braucht es vor allem das Vorbild der Führungskräfte, die die Unternehmenskultur zielgerichtet weiterentwickeln. Nur so können DEI-Maßnahmen (Diversity, Equity, Inclusivity) langfristig zum Erfolg führen.
Vielfalt fördern
Doch wie können Führungskräfte Vielfalt fördern? Letztlich geht es bei DEI um die Frage der wahrgenommenen Zugehörigkeit: Empfinden sich diverse Individuen einem Unternehmen zugehörig, und findet – umgekehrt – das Unternehmen mitsamt allen Mitarbeitern, dass diverse Menschen zu ihm gehören?
Gemeinsame Bilder, Sprache und Kultur sind dabei ein wichtiger Baustein. Dadurch kann die Zugehörigkeit innerhalb der Belegschaft gestärkt werden. Das ist die Grundlage für effektive DEI-Maßnahmen.
Eine transparente Dokumentation von Diversitätsentwicklungen innerhalb des Unternehmens ist eine weitere zentrale Maßnahme. Effektive DEI-Initiativen bemühen sich, sowohl die derzeitige Lage als auch die Entwicklung öffentlich nachvollziehbar darzustellen. Die systematische Sammlung und Analyse von Personaldaten nach Diversitätsmerkmalen ermöglicht es Unternehmen, ihre individuellen Schwachstellen zu identifizieren. Es ist jedoch nicht ausreichend, lediglich Daten zu erheben und auszuwerten. Den Schlüssen sollten konkrete und transparente Maßnahmen folgen. Studien belegen, dass insbesondere transparente Verantwortungsstrukturen deutliche Verbesserungen von DEI bewirken.
DEI-Maßnahmen sollten die Belegschaft mit nichtlinearen Karrierepfaden im Fokus haben. Hierzu zählen vor allem Frauen. Sie arbeiten häufiger als Männer in Teilzeit, nehmen sich aus familiären Gründen öfter eine Auszeit von der Arbeit oder müssen – rein statistisch – aus unterschiedlichen Gründen mit Karriereknicken rechnen. Daher verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich weniger als Männer. Es wird noch viele Jahrzehnte dauern, bis das Gender Pay Gap überwunden sein wird.
Damit Frauen mit ihren Talenten und Perspektiven genauso wie Männer gefördert werden, braucht es spezielle Rekrutierungs- und Förderkampagnen, die auch die Führungsskills von Frauen gezielt verbessern. Sinnvoll ist zudem der Vergleich eigener Unternehmensdaten mit denen ähnlicher Unternehmen der gleichen Branche. Liegt die Frauenquote in Führungspositionen im eigenen Unternehmen beispielsweise bei 15 Prozent, bei der Konkurrenz jedoch bei 30 Prozent, zeigt dies ein Verbesserungspotential auf. Gleichzeitig gibt es eine mögliche Zielgröße vor.
Inklusiver Arbeitsplatz
Auf dem Weg zu einem inklusiven Arbeitsplatz ist schon viel erreicht, wenn Männer und Frauen mit unterschiedlichen Biographien und unterschiedlicher Herkunft gleiche Karrierechancen haben und die gleiche Zugehörigkeit zum Unternehmen fühlen. Ein inklusiver Arbeitsplatz bedeutet dabei vor allem ein integratives, vielfältiges und gleichberechtigtes Arbeitsumfeld, in dem die Mitarbeiter in ihrer Individualität geschätzt werden und sich wohlfühlen, wenn sie authentisch bleiben. Um ein solches Umfeld zu schaffen, braucht es konkrete Diversity-Management-Initiativen und -Richtlinien, um die Mitarbeiter vor Diskriminierung oder Ungleichbehandlung zu schützen.
Diversity Management kann dabei schon bei der Einrichtung der Unternehmensräume anfangen. Geschlechtsneutrale Waschräume können ein Zeichen für ein integratives, einladendes Umfeld setzen, das frei von Diskriminierung ist.
Zudem sollten Unternehmen im Sinne der Vielfalt eine moderne Freistellungspolitik wagen. Vorstellbar sind etwa Freistellungen zur Adoption, Geschlechtsumwandlung oder Behandlung von Unfruchtbarkeit. All dies hilft, die Mitarbeiter in ihrer individuellen Identität zu bestärken, so dass sie ihre Lebensentwürfe umsetzen können.
Neben diesen Punkten ist es für Unternehmen essentiell, ihren Mitarbeitern Möglichkeiten zu bieten, ihre eigenen inspirierenden DEI-Geschichten zu erzählen. Dies motiviert andere, es ihnen gleichzutun. Daneben bietet sich auch an, unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen eine Interessenplattform zu bieten und sie dadurch zu stärken.
Bei Diversity Management spielt nicht zuletzt das Prinzip der Meritokratie eine zentrale Rolle, das heißt, dass Mitarbeiter ausschließlich auf der Grundlage ihrer Leistungen und Verdienste befördert werden sollten. Geschlecht, Herkunft und Ethnie sollten beim inklusiven Arbeitsplatz keine Rolle spielen. Allerdings ist die Realität oft anders.
Organisationen werden immer mittels konkreter Ziele geführt. Wer DEI-Maßnahmen erfolgreich umsetzen will, muss Diversitätsziele genauso wie andere Geschäftsziele handhaben. Das heißt, es müssen vom Topmanagement getragene Ziele und Zeitpunkte für deren Erreichen festgelegt und für diese angemessene Erfolgsmetriken entwickelt werden. Nur so kann der Erfolg der Maßnahmen gemessen und sichergestellt werden.
Diversität korreliert statistisch mit dem Unternehmenserfolg: Sie erhöht die Attraktivität der eigenen Arbeitgebermarke und erleichtert es, dem Talent- und Fachkräftemangel zu begegnen. Aus diesen Gründen ist die Förderung von Vielfalt ein wichtiger und erfolgskritischer Bestandteil. Entscheidend sind dabei die Führungskräfte. Sie müssen hinter dem Diversity Management stehen, um langfristige Verbesserungen für alle Mitarbeiter zu bewirken.
Srikanth Karra, CHRO, Mphasis