Onlinehändler haben eine Customer-Experience, die als weltweites Erfolgsrezept gilt – ein Erfolgsrezept, das HR-Abteilungen für sich nutzen können, indem sie, analog zur Customer-Experience, die Employee-Experience in den Blick nehmen. Gemeint ist die ganzheitliche Sicht auf die Mitarbeitenden und deren Interessen. Sie ist ein wichtiger Schlüssel, um eine New-Work-Kultur zu etablieren und Talente zu binden. Das lohnt sich, denn in der Mitarbeiterzufriedenheit steckt ein bislang weitgehend ungenutztes Potential, mit dem sich dauerhaft geschäftlicher Nutzen generieren lässt. Um der Herausforderung adäquat zu begegnen, ist es hilfreich, sich den Wandel in der Lebensführung und Erwartungshaltung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bewusst zu machen. So gaben nach den Erhebungen des Marktforschungsinstituts Forrester rund 5 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland vor Beginn der Coronapandemie an, regelmäßig im Homeoffice zu arbeiten. Heute würden laut Forrester 55 Prozent der hierzulande Beschäftigten gern zumindest einige Tage pro Woche zu Hause arbeiten.
Vertrauen als entscheidender Faktor
Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber seinen Beschäftigten vertraut. Hier zeigt sich schon die erste Hürde: Viele Verantwortliche neigen dazu, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht wirklich zu vertrauen. Sie haben das Gefühl, sie müssten die Performance ihrer Beschäftigten für das Unternehmen stärker kontrollieren.
Das ist kontraproduktiv, will man eine neue Unternehmenskultur etablieren. Denn New Work lebt nicht zuletzt von Transparenz, Vertrauen und offener Kommunikation, von einem Miteinander auf Augenhöhe. Das ist umso wichtiger, als viele Talente im „Exodusmodus“ sind: Nach einer PwC‐Studie von August 2021 sehen sich rund zwei Drittel der Beschäftigten (65 Prozent) nach einem neuen Job um; 64 Prozent der Befragten sind laut einer McKinsey-Untersuchung bereit, ihrem Arbeitgeber den Rücken zu kehren, selbst wenn sie noch keine neue Stelle haben.
Gutes Arbeitsklima wichtiger als finanzielle Sicherheit
Offenbar genießt der Wunsch nach einem Arbeitsplatz, an dem sie sich wohlfühlen, bei den Beschäftigten höhere Priorität als die finanzielle Sicherheit. Das wird noch deutlicher, betrachtet man die Gründe, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer für den Wunsch nach einem Arbeitsplatzwechsel angeben. Fragt man die Arbeitgeber, so wollen Beschäftigte vor allem gehen, weil sie zu wenig verdienen, ihre Work‐Life‐Balance als unbefriedigend empfinden oder ihre Arbeitsbelastung zu hoch ist. Ganz anders das Bild, das die Wechselwilligen zeichnen. Ihre wichtigsten Gründe sind mangelnde Wertschätzung durch ihre Vorgesetzten oder durch ihr Unternehmen sowie ein mangelndes Gefühl der Zugehörigkeit zum Unternehmen.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Das Gefühl der Zugehörigkeit hat nichts damit zu tun, ob jemand physisch im Unternehmen präsent ist oder im Homeoffice arbeitet. Es entsteht vielmehr, wenn sich Beschäftigte mit ihrem Unternehmen und den dort arbeitenden Menschen identifizieren, wenn sie Wertschätzung erfahren und im Wesentlichen die gleichen Werte teilen.
Genau hier liegt die Herausforderung des Kulturwandels, denn die sozialen Aspekte der Arbeitswelt stehen mehr denn je im Fokus. So geben 68 Prozent der von PwC Befragten an, sie seien bereit, ihr Unternehmen zu verlassen, wenn es sich nicht klar zu sozialen Themen positioniere.
Eine Investition, die sich rechnet
Das wirft zwei Probleme auf: Erstens sind soziale Aspekte wesentlich schwerer zu beeinflussen als Hard Facts wie die Bezahlung oder die Arbeitsbelastung. Zweitens scheint es für die HR-Abteilung schwierig zu sein, Investitionen in weiche Faktoren zu rechtfertigen. Schließlich lassen sich der Versuch, das Gefühl der Zugehörigkeit und der Wertschätzung in der Belegschaft zu stärken, und der damit angestrebte Zugewinn an Produktivität nicht kaufmännisch kalkulieren. Oder doch?
Das Unternehmen „Great Place to Work“ listet alljährlich die 100 bei ihren Arbeitnehmern beliebtesten Unternehmen auf und vergleicht deren Performance mit der allgemeinen Börsenentwicklung. Das Ergebnis ist bemerkenswert: Die Unternehmen, die wiederholt in dieser Liste auftauchen, performen um den Faktor 3,2 besser als die allgemeine Börsenentwicklung. Das zeigt: Investitionen in New-Work-Kultur, soziale Aspekte und Betriebsklima zahlen sich offenbar aus.
Kulturwandel durch Life-Work-Technologie umsetzbar machen
Ein Wandel des Mindsets – und um nichts weniger geht es – bedeutet nicht zuletzt eine Veränderung der internen Kommunikationskultur. Hier lohnt sich ein Blick auf die in den HR-Abteilungen eingesetzten Technologietools. Deren Löwenanteil dient ausschließlich dazu, geschäftliche Transaktionen und Prozesse zu optimieren. Life-Work-Technologien, die den Kulturwandel umsetzbar machen, indem sie die Beschäftigten nicht nur als Funktionsträger, sondern als ganzheitliche Menschen in den Fokus stellen, sucht man vergebens.
Dieses Missverhältnis gilt es zu überwinden. Bislang setzen Unternehmen Technologietools in zwei voneinander getrennten Bereichen ein: „People-Systems“, die sich der Organisation und den Prozessen rund um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter widmen – und „Work-Systems“, die die Arbeit im Unternehmen und dessen Produktivität optimieren. Die Aufgabe für Unternehmen ist es, beide Bereiche neu zu denken und intelligent miteinander zu verzahnen.
Künstliche Intelligenz (KI) kann dabei helfen. Die heute üblichen Chatbots zum Beispiel sind bei Unternehmen und HR-Abteilungen ebenso beliebt, wie sie bei den Nutzern unbeliebt sind. Weshalb ist das so? Weil sie wie ein Raum mit Türen sind, die in getrennte Bereiche führen, deren Inhalt sich erst nach dem Öffnen erschließt, wenn wir Glück haben. Ein solches System hilft allenfalls bei allgemeinen Fragen weiter, nicht jedoch, um komplexe oder individuelle Probleme zu lösen.
New-Work-Konzepte brauchen Life-Work-Technologien
Die notwendige Unterstützung kann ein intelligentes HR-Kommunikationssystem leisten, das das Anliegen eines Hilfesuchenden wirklich versteht, die verschiedenen Facetten einer Anfrage begreift und adäquate Antworten liefert. Ein solcher „Smart Assistant“ ist eine KI‐gestützte Plattform, die mit allen relevanten Systemen kommuniziert, um dort die gewünschte Information zu finden, oder, falls die Recherche keine zufriedenstellende Antwort ergibt, selbsttätig eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter in der HR-Abteilung ins Spiel bringt.
Fest steht: New-Work-Konzepte brauchen auch den Einsatz neuer Life-Work-Technologien. Smart Assistants sind ohne Zweifel ein Mittel, um die Employee-Experience der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positiv zu beeinflussen.
Wieland Volkert, Country Manager Central Europe & Netherlands, UKG (früher PeopleDoc)