Wer für die Zukunft gewappnet sein will, muss sich auf den Change einlassen. Recruiter schauen bei Bewerbern schon lange nicht mehr nur auf das in Ausbildung oder Studium erworbene Wissen. Vielmehr suchen sie Kandidaten mit weiteren Fähigkeiten. Und sie erwarten, dass Mitarbeiter den Wandel mitgehen und ihre Skills ständig erweitern.
Welche Skills sind künftig gefragt?
„Die Skills, die Unternehmen künftig von Mitarbeitern erwarten, können in drei Kategorien eingeteilt werden: digitale und technologische Fähigkeiten sowie Sozialkompetenzen“, stellt Jenny Gruner, Director Digital Marketing bei Hapag-Lloyd, fest. Die Hamburgerin treibt die digitale Transformation bei der fünftgrößten Reederei der Welt mit an und hat sich sowohl in ihrem jetzigen Unternehmen der „traditionellen“ Welt als auch in einem Start-up mit den künftigen Anforderungen an Mitarbeiter beschäftigt.
Wenn sie selbst bei Bewerbern nach derartigen Skills schaue, sei ihr wichtig, dass Mitarbeiter vor allem den Wandel mitgehen: „Die Transformation hat nicht einen Anfang und ein Ende. Sie entwickelt sich permanent; wir müssen sie leben und immer weitermachen“, konstatiert sie. Zudem gibt sie zu bedenken: „Es verändert sich nicht nur die Technik, weshalb Mitarbeiter neue Fachkenntnisse zum Beispiel zu Künstlicher Intelligenz oder zu Algorithmen brauchen. Auch die Menschen müssen sich verändern.“ Das sei der größte Stellhebel zum Erfolg in einem Unternehmen, berge aber auch das größte Risiko.
- Digitale Skills Bei den digitalen Kompetenzen, die Mitarbeiter in der VUCA-Welt – einer Welt, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität geprägt ist – brauchen, steht allen voran das digitale Verständnis. Das bedeutet, dass Mitarbeiter ein Verständnis für digitale Geschäftsmodelle haben sollten, um Business aus der analogen Welt in das digitale Zeitalter transformieren zu können.
Darüber hinaus brauchen sie Kenntnisse agiler Arbeitsmethoden wie Scrum oder Kanban. „Das können Mitarbeiter im Zuge der Transformation lernen“, meint Gruner.
Sich an digitale Kommunikation zu gewöhnen sei eine weitere wichtige Voraussetzung, um in der künftigen Arbeitswelt in Teams zusammenarbeiten zu können. Das zeige sich besonders in der aktuellen Corona-Krise: Zwar gebe es weiterhin klassische Kommunikationswege wie Mails und Telefon. Doch Videochats und Telefonkonferenzen gehörten mittlerweile zum Alltag. Auch in sozialen Netzwerken sollten sich Mitarbeiter zurechtfinden.
- Technologische Skills Neben digitalen spielen technologische Skills in der digitalisierten Arbeitswelt eine immer größere Rolle. Unternehmen suchen oft Mitarbeiter, die zusätzlich zu ihrer Fachexpertise Daten analysieren und interpretieren können.
Auch „Tech-Translation“ ist dabei wichtig: „Ich muss meine Wünsche an die IT übersetzen können, die IT muss das in Business-Needs umsetzen“, erklärt Gruner. Dabei gehe es darum, das ganze Unternehmen und nicht nur die eigene Abteilung im Blick zu haben. Aus Gruners Sicht müssen Menschen nicht programmieren können, sollten aber ein breites Verständnis für IT haben, um den Kollegen die technischen Aspekte ihres eigenen Arbeitsbereichs vermitteln zu können.
- Sozialkompetenzen Eine große Bedeutung haben auch in der digitalen Transformation soziale Kompetenzen. Einigen davon kommt besonderes Gewicht zu:
- Problemlösekompetenz: Menschen, die lösungsorientiert denken und handeln, sind vor allem dann gefragt, wenn es in einem Bereich noch keine automatisierten Prozesse gibt und die Menschen Probleme frühzeitig bemerken, umschiffen oder lösen müssen. Dazu müssen sie Zusammenhänge erkennen und beurteilen können.
- Emotionale Intelligenz: Der zwischenmenschliche Bereich wird in der beruflichen Welt bisher wenig beachtet. Wer Empathie hat, kann die Bedürfnisse anderer erkennen und darauf reagieren. Zudem kann er seine eigenen Emotionen berücksichtigen.
- Fokussiertes Arbeiten: Die digitale Arbeitswelt ermöglicht es, Vorgänge schnell an sich wandelnde Erfordernisse anzupassen. Wenn sich jedoch die Bedingungen laufend verändern, kann das dazu führen, dass Mitarbeitern die Orientierung fehlt. Umso wichtiger ist es, dass sie sich fokussieren können.
Neben diesen drei sind weitere Skills wie Kreativität, der Umgang mit Herausforderungen (Frustrationstoleranz), Selbstorganisation oder auch Neugier gefragt. Gruner gibt zu, dass sie bei der Auswahl von Mitarbeitern auf ein „Growth-Mindset“ achte. Das bedeutet, dass ihre Mitarbeiter Herausforderungen und Probleme als Möglichkeit ansehen sollten, sich und Themen weiterzuentwickeln. „Für mich ist das Mindset wichtiger als die Fachkenntnis. Wichtig ist, dass sich die Mitarbeiter weiterentwickeln wollen“, so die Digitalexpertin.
Wie HR die Mitarbeiter unterstützen kann
Jede Entwicklung und jede Veränderung benötige allerdings Zeit: „Wenn wir versuchen, Menschen auf einem Weg des Wandels mitzunehmen, brauchen wir Geduld“, resümiert die Marketingexpertin. Schließlich bewegten sich Menschen gern auf alten Trampelpfaden, weil die eingelaufen sind und Sicherheit geben. „Wechseln wir den Weg, laufen wir womöglich durch Elefantengras und können nichts sehen“, erklärt Gruner die Furcht vor neuen Wegen. Aus ihrer Sicht kann es nur gelingen, alte Pfade zu verlassen, wenn wir es immer wieder üben. „Wenn ich etwas verändern möchte, muss ich es regelmäßig und in kleinen Schritten tun“, fasst sie zusammen.
Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter in der Transformation unterstützen, indem sie eine Unternehmenskultur schafften, die Veränderungsbereitschaft und Flexibilität fördere und Spielraum zum Experimentieren lasse, aber auch Fehler zulasse.
Auch sollte jede Firma lebenslanges Lernen unterstützen. Gruner zeigt sich stolz, dass ihr Bereich jedem Mitarbeiter ermöglicht, jede Woche zwei Stunden in seine persönlichen Lernziele zu investieren
Nicht zuletzt kann auch der Führungsstil entscheidend sein, ob der Wandel gelingt: Die Führungskraft, so meint Gruner, solle nicht mehr die Rolle als Alleinentscheider innehaben, sondern vielmehr als Coach agieren. Durch Coaching könne jedes Mitglied im Team seine Rolle mit seinen Verantwortlichkeiten anerkennen. Aufgabe der Vorgesetzten sei dann, die Mannschaft auf dem Weg zu leiten.