Sie kann einen im Alltag überfordern, die Digitalisierung: immer wieder neue Apps, neue Plattformen, neue Systeme. Jeder von uns kennt Menschen, die sich gegen Neues – gerade in digitaler Form – sperren. Vielleicht gehören wir sogar selbst dazu? Was auf persönlicher Ebene ein Spleen sein mag, kann in der Unternehmenswelt verheerende Folgen haben. Denn Organisationen und Betriebe, die den technologischen Wandel nicht wahrhaben wollen oder sich damit schwertun – Stichwort Kodak –, steuern auf schwierige Zeiten zu. Studien zeigen, dass sich gerade der deutsche Mittelstand im Jahr 2021 mit der digitalen Transformation schwertut.
Dabei ist er das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gehören 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland dem Mittelstand an. Das sind etwa 3,7 Millionen kleine und mittlere Unternehmen. Ein mittelständisches Unternehmen hat unterschiedlichen Lesarten zufolge bis zu 250 oder 500 Beschäftigte und einen maximalen Jahresumsatz von 50 Millionen Euro. Rund 40 Millionen Arbeitnehmer sind in Deutschland in einem mittelständischen Unternehmen beschäftigt.
Warum stottert die Digitalisierung im Mittelstand? Inzwischen ist das Bewusstsein dafür, dass kein Weg an der Digitalisierung vorbeiführt, in den meisten Organisationen vorhanden. Dennoch kommt im Mittelstand die Digitalisierung nur schleppend voran. Hauptgrund dafür: Unternehmen und Entscheidungsträger wissen zwar, was, aber nicht, wie sie es umsetzen können. Es fehlt ein Bewusstsein für Abläufe und Abfolgen. „Digitalisierung“ ist letztlich abstrakt und kann vieles bedeuten.
Fünf Hürden, an denen Digitalisierung im Mittelstand oft scheitert Wenn Digitalisierung scheitert, hat das meist einen der folgenden fünf Gründe:
- Geld: Entweder haben Unternehmen kein Budget für Digitalisierungsprojekte, oder sie empfinden eine Investition in den digitalen Umbau als sinnlos.
- Wissen: In der Belegschaft finden sich wenige oder gar keine Mitarbeiter, die Erfahrung mit Digitalisierung haben.
- Lage: Die geographische Lage behindert die Digitalisierung. So ist in einigen ländlichen Gegenden Deutschlands das Internet noch zu langsam.
- Erfolg: Wenn Unternehmen sehr erfolgreich wirtschaften, haben sie oft wenig Anreize, etwas zu ändern.
- Kapazitäten: Es fehlen Ressourcen, um digitale Projekte voranzutreiben; das Unternehmen ist ohnehin schon unterbesetzt.
In neun Schritten zu einem zukunftsorientierten Unternehmen
Erfolgreiche Digitalisierer gehen – bewusst oder unbewusst – neun Schritte, die sie zu einem wettbewerbsfähigen und zukunftsorientierten Unternehmen machen.
1. Digitalisierung akzeptieren Die Digitalisierung mit all ihren Facetten wird nicht mehr verschwinden. Wettbewerbsfähig bleibt ein Unternehmen nur dann, wenn es die Veränderungen und den Wandel akzeptiert und sich den Herausforderungen stellt.
2. Digitalisierung als Chance begreifen Am Megatrend Digitalisierung kommt kein Unternehmen vorbei. Daher sollte jede Organisation die Digitalisierung nicht als notwendiges Übel, sondern als Chance begreifen.
3. Digitale Vorreiter identifizieren In den meisten Unternehmen gibt es bereits Personen, die eine Affinität zu Digitalem mitbringen. Die Aufgabe von HR ist es, in Absprache mit den Fachbereichen diese Mitarbeiter zu identifizieren und in jenen Themen weiterzuentwickeln, die dem Unternehmen dienen.
4. Fahrplan aufstellen Schließlich gilt es, eine Roadmap aufzusetzen und folgende Fragen zu klären:
- Braucht es weiteres Personal mit Digitalerfahrung? Welche sinnvollen Stellen können geschaffen werden?
- Ist eine externe Digitalberatung nützlich, um den Changeprozess zu begleiten?
- Welche Ziele erhofft sich das Unternehmen durch mehr Digitalbewusstsein?
5. Mit kleinen Digitalprojekten beginnen Niemals wird sofort der große Wurf gelingen. Kein Unternehmen wird plötzlich mit Quantencomputern arbeiten oder mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) Prozesse automatisieren. Für den Anfang sollte es schlanke Kollaborations- oder Kommunikationstools einführen, damit sich die Belegschaft an neue Technologien und Workflows gewöhnen kann.
6. Changemanager ernennen Ein modernes Unternehmen braucht einen Changemanager. Das muss keine offizielle Stellenbezeichnung sein. Doch bei einer Person im Unternehmen sollte die Digitalisierung gebündelt werden. Auf diese Weise können betriebliche Prozessänderungen optimiert werden.
7. Abteilungssilos aufbrechen Die Digitalisierung verändert nicht nur eine Abteilung, sondern auch das ganze Unternehmen. Daher müssen die einzelnen Fachbereiche in Zukunft enger zusammenrücken. In Silos kann der Change nicht funktionieren. Auf diese Weise entstünde ein Zwei-Klassen-Unternehmen: die Digitalen auf der einen, die Analogen auf der anderen Seite. Das würde auf Dauer nicht zum Erfolg führen.
8. Digitalisierung an die Geschäftsführung andocken Der digitale Wandel kann nur in Abstimmung mit der Geschäftsleitung erfolgen. Schließlich muss sie Budgets für Modernisierung freigeben. Bevor das geschehen kann, muss die Geschäftsführung die Vorteile der Maßnahmen kennen.
9. Moderne Unternehmenskultur schaffen Sind die ersten acht Schritte umgesetzt, geht es an die möglicherweise schwierigste Aufgabe: das Unternehmen „neu erfinden“. Damit ist nicht gemeint, dass es andere Produkte oder Dienstleistungen verkaufen soll. Vielmehr geht es um den Kern – die Seele – des Unternehmens. Wie auch immer die „DNA“ des Unternehmens in Zukunft aussehen mag: Das „D“ sollte dabei für Digital stehen.