Die Schmerzen bei der Personalgewinnung liegen bei nahezu allen Unternehmen an der gleichen Stelle. Die Firmen müssen eine hohe Zahl an Vakanzen decken und kämpfen um wenige qualifizierte Bewerber. Gleichzeitig ist der Workload innerhalb der Personalabteilung hoch, das Recruiting ist vielfach nur eine Aufgabe unter vielen, und die Prozesse für das Bewerbermanagement sind nicht etabliert. In der Folge sind Rekrutierungszeiten zu lang, und freie Stellen können nicht besetzt werden.
Die Ausgangslage bei Linde Material Handling war Mitte 2017 ähnlich: viele offene Positionen, lange Rekrutierungszeiten. Die Gründe waren wenig Zeit für Interviews, keine sauberen Prozesse, fehlendes Commitment zwischen HR und Fachabteilungen, zu wenige geeignete Bewerber und zu wenig neue Optionen für interne Kandidaten. Auch waren Bewerber verärgert, die kein oder nur ein extrem verspätetes Feedback auf ihre Bewerbung erhielten. Das waren schlechte Voraussetzungen, um die dringend benötigten Fachkräfte zu generieren.
Arbeit im Recruiting-Center
Die Lösung war der Aufbau eines Recruiting-Centers, das Anfang 2018 in den operativen Betrieb ging. Dadurch trennte Linde das Sourcing von den HR-Businesspartnern ab, die die Aufgabe bisher neben ihrem Tagesgeschäft bewältigt hatten. Damit war neuer Raum geschaffen, um das Thema strukturierter und mit frischem Wind anzugehen.
Als erstes wurden alte verkrustete Prozesse wie das Genehmigungsprozedere und die Ausschreibung hinterfragt und neu definiert. Bereits hier konnte ein Zeitgewinn von bis zu sechs Wochen pro Vakanz realisiert werden. Zudem wurde internationaler gedacht. Zusätzlich zu den gängigen Kanälen schaltete Linde Stellenanzeigen im Ausland und besuchte virtuelle Recruitingmessen, um weltweit Bewerber zu erreichen. Darüber hinaus startete das Unternehmen Teaserkampagnen über Social-Media-Kanäle, testete neue Kanäle wie Truffls und gründete inhouse ein ActiveSourcing-Team.
Durch die neue Struktur des Recruitings können nun auch Top-Kandidaten besser nachverfolgt und gegebenenfalls auf andere Stellen gematched oder in einem Kandidatenpool erfasst werden. Ein weiterer neuer Grundsatz ist, die Bewerbungen tagesaktuell zu sichten und anschließend auch die Interviews zeitnah zu planen. Für Junior-Positionen werden dazu auch zeitversetzte Videovorinterviews genutzt. Die Kandidaten erhalten dabei Interviewfragen zugesendet und können diese zu Hause per Videoaufzeichnung beantworten und an den Recruiter zurücksenden.
Auch das Potenzial interner Kandidaten soll in Zukunft stärker genutzt werden, indem diesen unter anderem durch Qualifizierungsprogramme bessere Entwicklungsmöglichkeiten gegeben werden. Dazu hat Linde jetzt strukturierte Verfahren, um interne Potenzialträger zu identifizieren und weiterzuentwickeln, und Quickstart-Programme, um Kandidaten schnellstmöglich für Positionen weiterzuentwickeln, an denen großer Bedarf besteht.
Fazit nach den ersten sechs Monaten
Was hat das Recruiting 4.0 für Linde Material Handling im ersten halben Jahr gebracht?
- Die monatlichen Bewerberzahlen haben sich mehr als verdoppelt.
- Die Time-to-fill hat sich um durchschnittlich acht Wochen verkürzt.
- Die Kundenzufriedenheit hat sich auf Seiten der Hiring-Manager und auf der Bewerberseite signifikant verbessert.
Alles in allem ein großer Erfolg in äußerst kurzer Zeit, auch wenn es noch mehr Themen gilt umzusetzen.