Die digitale Transformation und weitere Entwicklungen der Arbeitswelt 4.0 verändern unser Leben tiefgreifend – im Privaten wie auch im Arbeitskontext. Es bedarf neuer Kompetenzen, eines neuen Denkens und Handelns. Für Unternehmen gilt es, die passenden Kompetenzen in gewünschter Menge zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung zu haben. Das erfordert neue Formen der Mitarbeiterführung und -befähigung. Unternehmen müssen heute die Weichen stellen, um die Arbeit der Zukunft zu gestalten.
Karriere ist, vereinfacht gesagt, nicht mehr für jeden Arbeitnehmer gleichbedeutend mit einer Position weit oben in der Hierarchie, dem Fokus auf Budget- und Personalverantwortung sowie einem hohem Gehalt. Vor allem jüngere Berufstätige der Generationen Y und Z sehen beruflichen Erfolg weniger in materiellen Werten oder Statussymbolen. Vielmehr definieren sie Erfolg über eine gelungene Vereinbarkeit von Privatleben, Familie und Beruf und über eine Tätigkeit, die Freunde bereitet und sinnhaft erscheint.
Erfolg ist, was ich daraus mache
Mit dem Wandel der Arbeitswelt verändert sich auch die Einstellung der Menschen zur Arbeit. Unternehmen begegnen dabei zum Teil gänzlich neuen Lebensentwürfen, die nicht mehr darin bestehen, zeitlebens am eigenen beruflichen Weiterkommen zu basteln. Stattdessen wollen Arbeitnehmer individuell wahrgenommen werden. Für sie steht nicht mehr die Arbeit im Mittelpunkt, sondern das Leben, in dem die Arbeit einen essentiellen Teil darstellt.
Zu beobachten ist, dass immer mehr Berufstätige kein Scheitern mehr darin sehen, zu spüren, dass sie der vertikale Weg nach oben nicht glücklich macht, und dass sie sich lieber auf der gleichen Hierarchieebene weiterentwickeln möchten. Oder wenn es sie von einer Position mit Personalverantwortung in eine Funktion mit fachlicher Verantwortung zieht, eine Hierarchieebene darunter.
Dieser Haltungswandel, verbunden mit dem Wunsch nach sinnstiftender Arbeit, zeigt sich auch in den Aspekten, die den Beschäftigten heute wichtig sind: ein gutes Betriebsklima, eine offene Kommunikation, gesunde Arbeitsbedingungen. Das wird sich in den kommenden Jahren noch intensivieren. Die Geschäftsführung steht in der Verantwortung, den Kurs hierfür vorzugeben. Den HR-Abteilungen kommt die Aufgabe zu, ihren Job neu zu justieren und die Themen als Initiatoren voranzutreiben.
Man will sich weiterentwickeln und darf es nicht
Weiterentwicklung ist und bleibt ein großes Thema für Arbeitnehmer – aber sie muss individuell passen. Laut einer Umfrage der Page Group sind 45 Prozent der Festangestellten auf Jobsuche. Der Hauptgrund ist der Wunsch, neue Fähigkeiten zu erlernen und bessere persönliche Entwicklungsmöglichkeiten im Job zu haben. So denken Mitarbeiter, die sich im eigenen Unternehmen ausgebremst sehen. Für Personaler folgt daraus, dass sie noch stärker gefordert sind, um zu erkennen, wo die Talente für welche Aufgabe sind.
Sicherzustellen, dass die richtigen Menschen an der richtigen Stelle im Unternehmen mitarbeiten, ist zentral für den Erhalt der Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Im Zuge dessen bedarf es einer Entwicklung hin zu mehr Flexibilität der Gesamtorganisation unter dem Stichwort agile Arbeitsformen und Strukturen. Vor dem Hintergrund sich ständig verändernder Marktanforderungen zeigen sich in vielen Unternehmen Tendenzen in Richtung von agilem Arbeiten. Denn es gilt, in immer kürzerer Zeit die optimale Kundenlösung zu schaffen. Wie agil eine Organisation auf die Markt- und Kundenanforderungen, aber auch auf die Mitarbeiterbedürfnisse reagiert, wird zukünftig über Erfolg oder Misserfolg mitentscheiden.
Karriere ist nicht immer der Weg nach oben
In knapp 70 Prozent der Betriebe ist eine Weiterentwicklung noch immer gleichbedeutend mit einem vertikalen Aufstieg, so eine aktuelle Kienbaum-Studie. Dabei wird der Weg nach oben zur Einbahnstraße und zugleich zur Sackgasse, und zwar sowohl für Unternehmen als auch für Mitarbeiter. Denn nicht jeder Arbeitnehmer möchte die Karriereleiter nach oben steigen. Vielmehr wünschen sich Mitarbeiter neue Projekte, zusätzliche oder andere Aufgaben sowie zeitlich begrenzte Verantwortlichkeiten. Wenn Unternehmen daran gelegen ist, auch in Zukunft qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu binden und zu gewinnen, muss es einen strukturellen und kulturellen Umbruch geben. Es ist an der Zeit für eine Unternehmenskultur, die Persönlichkeit, Potenzial sowie Lern- und Veränderungsbereitschaft in den Fokus stellt.
Agiles Arbeiten prägt zunehmend den Verlauf von Karrieren
In einigen Unternehmen, die wir begleiten, arbeiten wir gemeinsam an einer Unternehmenskultur des Mutes. Dabei geht es darum, Mitarbeiter und Führungskräfte zu befähigen, Neues zu wagen, ausgetretene Pfade zu verlassen, temporär Projektverantwortung zu tragen oder einen gänzlich neuen Pfad im Unternehmen einzuschlagen. Dabei müssen Unternehmen auch ihren Umgang mit dem Scheitern hinterfragen: Werden Fehler geahndet, indem die Verantwortlichen abgestraft werden? Oder wird aus Fehlern gelernt, wird neue Kraft geschöpft und dadurch der Weg für Innovationen geebnet?
Das Verständnis darum, wie Karrieren heute und in Zukunft funktionieren können, muss in den Organisationen nicht nur kommunikativ begleitet werden. Es muss vor allem durch agile Strukturen und entsprechende Programme gestaltet und gefördert werden. Hierzu gehört auch, die Mitarbeiter dabei zu unterstützen, ihr persönliches Potenzial zu entfalten, Veränderungen im Unternehmen aktiv mitzugestalten und dabei gesund und leistungsfähig zu bleiben.